Was diese Zahl erzählt:

Was diese Zahl erzählt:

Magische Quadrate, ihre Bedeutung und ihr Entstehen

von Michael Stelzner

Inhaltsverzeichnis

1. Die Bedeutung magischer Quadrate

Die Bedeutung von magischen Quadraten und das Interesse an ihnen ist Jahrtausende alt. Kein Geringerer als PYTHAGORAS hat schon ihre Botschaften thematisiert. L.B. HELLENBACH berichtet: „Die Schule des Pythagoras soll von nachstehenden Zahlen behauptet haben, dass sich alles in der Natur aus ihnen ableiten lasse:“

3       9        15         45 5

4     16       34       136 –

5     25       65       325 13

6     36      111       666 –

7     49     175     1225 25

8     64     260     2080 –

9     81     369     3321 41

Wer magische Quadrate kennt, der weiß, dass es sich bei den Zahlen um die Kennzahlen von sieben magischen Quadraten handelt. Die Zahlen berichten über magische Quadrate der 3. bis 9. Ordnung. Sie führen uns diese Zahlenarchetypen in ihren Erscheinungen und Funktionen vor, die sie in der Form von Quadraten entwickeln. So hat das magische Quadrat der Drei 9 Felder, das der Vier 16 Felder, das der Fünf 25 Felder usw. Daneben steht die Summenzahl des jeweiligen Quadrates. Die Summenzahl des Quadrates der Drei ist 15 und die des Quadrates der 4 ist 34 usw. Die vierte Spalte entspricht der Summe sämtlicher Reihen. Die letzte, fettgedruckte Reihe ist eine redaktionelle Ergänzung. Sie gibt die so bedeutsame zentrale Zahl der geraden Quadrate an.

Die magischen Quadrate sind ein Sinnbild für die Vollkommenheit der Natur. Wenn PYTHAGORAS uns darüber berichtet, dann beruft er sich auf ihre natürliche, vierfache Vollkommenheit, denn magische Quadrate demonstrieren das vollkommene Sein – die allgegenwärtige Einheit, Ganzheit und Vollkommenheit – gleich in vier Ebenen, über … 

((1)) … den Zahlenarchetyp als einzelnen

Die ein Quadrat beschreibenden Zahlenarchetypen sind von sich aus die Entitäten der Vollkommenheit. Jeder Zahlenarchetyp stellt auf seine Weise die Vollkommenheit dar, denn jede Zahl ist eine solche, weil sie sich auf die Eins und Einheit bezieht.

((2)) … die Zahlenarchetypen in ihrer Linearität als ein Ganzes

Ein Zahlenarchetyp weist nicht nur als Einzelner auf die vorherrschende Einheit (1) hin, sondern verweist durch seinen eindeutigen Platz innerhalb der Linearität auch immer auf das die Vielzahl verbindende Ganze. Über die Zahl wird die Vorherrschaft der Einheit sowohl in der Dimension des Einzelnen als auch in der Dimension des gemeinsamen Ganzen – der Linearität – deutlich.

((3)) … das Quadrat als Form der Vier

Im Quadrat manifestiert sich die Vierzahl. Sie vergegenwärtigt die Einheit des allumfassenden Einen (1) mit dem Vielen (4) und ist deshalb das Zahlensymbol der Vollkommenheit. Als deren sichtbare Manifestation ist sie gleichbedeutend mit dem griechischen Begriff des Logos (λόγος) in der Bedeutung eines allumfassenden Gesetzes. Im Quadrat erhält der Logos eine konkrete Gestalt.

((4)) … das magische Quadrat – das Besondere als ein Vollkommenes

Das magische Quadrat erhebt aus der Vielzahl der Quadrate jene Formen, deren Vollkommenheit der bewusste Geist unmittelbar wahrnimmt. Darin geschieht etwas Entscheidendes. Das Besondere, Andere und Abweichende wird als ein Vollkommenes und Ganzes wahrgenommen!

Bei genauer Betrachtung merken wir, dass es viele von ihnen gibt, so wie es auch viele Betrachtungsweisen der Vollkommenheit gibt. Immer jedoch geht es um die Illustration der Eins und ihres Wesens durch das Wesen der Vierzahl. Ein magisches Quadrat ergreift u.a. das Bewusstsein, weil es sich der lückenlosen Zahlenfolge bedient, denn diese ist Ausdruck der Vollkommenheit. Eine maximale Periodizität tut ihr Übriges. Fazit: Im magischen Quadrat erscheint das vermeintlich Getrennte im Licht der Ganzheit auf.

PYTHAGORAS hat zum Erkennen aller Naturen nicht nur die ersten neun Zahlenarchetypen in ihrer polaren Wesensart herangezogen. Er hat sie zudem dem Quadrat in seiner ebenso zweifachen Erscheinung zugeordnet – dem allgemeinen Quadrat und dem speziellen magischen Quadrat. Darin verbindet er die ohnehin von der Polarität geprägten verschiedenen Dimensionen miteinander. Das macht deutlich, dass sich die einfache Dimension der linearen Zahlenfolge in der Dimension der Fläche entfaltet. Das hat Folgen. Der rechte und bewusste Umgang mit der Vierzahl beschreibt zugleich auch das Bewusstsein und seine Potenz, das Göttliche zu erkennen. So ist es kein Zufall, dass die Zahl 5 den Mittelpunkt des ersten aller magischen Quadrate bildet. Sie ist der Archetyp, der das zur Schau fähige Bewusstsein symbolisiert.

2. Magische Quadrate im Konkreten

Ein magisches Quadrat ist ein quadratisches Schema, in das eine Reihe von Zahlen (möglichst eine lückenlose lineare Folge) so angeordnet sind, dass die Summe der Zahlen aller Zeilen, Spalten und der Diagonalen gleich ist. 

Zur Ordnung 2 – ein 2 x 2 Quadrat – gibt es kein magisches Quadrat. Magische Quadrate beginnen erst mit der Ordnung 3. Das erste magische Quadrat, das Quadrat der dritten Ordnung ist beispielhaft für das Wesen aller magischen Quadrate. Es ist einmalig. Aus diesem Urquadrat lassen sich zwar durch Drehungen und Spiegelungen 7 weitere Varianten der 3. Ordnung erzeugen. Die so entstehende Achtzahl der Formen jenes magischen Quadrats sind jedoch alle auf das Originalquadrat namens LO SHU zurückzuführen.

Anders verhält es sich mit Quadraten höherer Ordnung. Die 4. Ordnung der magischen Quadrate kennt insgesamt 880 magische Originalquadrate und für das magische Quadrat der 5. Ordnung gibt es sogar 275.305.224 x 1019 Quadrate. Das ist ein bemerkenswerter Bruch, denn er hebt die Bedeutung des ersten aller magischen Quadrate, die des LO-SHU als einziges normales, magisches Quadrat der Größe 3 mal 3 hervor.

Abb.: Das LO SHU ist das einzige echte magische Quadrat 3. Ordnung

Die Quer- Längs- und Diagonalsumme wird als magische Summenzahl bezeichnet. Eine andere Kennzahl ist die Summe aller Zahlen. Teilt man sie durch die Anzahl der Zeilen, erhält man die magische Summenzahl. Beim LO-SHU ist das beispielsweise die 15 (1+2+…+9 = 45; 45:3 = 15). Die bedeutungsvollste Zahl ist jedoch die mittlere Zahl, die bei jedem geraden magischen Quadraten entsteht. Als Mitte bildet sie das entscheidende, verbindende Element. Sie bildet sowohl vom räumlichen als auch vom numerischen Begriff her die Mitte, hat also einen zweifachen Charakter, der die Verbindungsfunktion erst möglich macht. Diese Mitte berichtet uns darüber, aus welchem Gesichtspunkt das Quadrat vermittelt, was seine Funktion ist. Mit anderen Worten berichtet uns die Mitte über das Wesen des Quadrats. Das sich aus der Vierheit erhebende Zentrum erfüllt die Funktion eines Auges, analog dem 5. Punkt einer Pyramide – der Pyramidenspitze.

Im ersten und damit archetypischen magischen Quadrat, dem LO SHU ist das die Zahl 5. Die Zahl 5 symbolisiert Bewusstsein. Aus dem pythagoreischen Dreieck mit den Seitenlängen 3, 4 und 5 wissen wir, dass sich das Bewusstsein (5) aus der rechten Verbindung von Geist, alias 3 und Funktion einerseits und Substanz, alias 4 und Manifestation andererseits konstituiert. Die gleiche Beziehung zeigt uns jenes magische Quadrat. Es ist eine Vierheit, die in rechter Weise durch die Dreiheit gebildet wird und als verbindenden, zentralen Ertrag die Fünfzahl hervorbringt. 

Das LO SHU berichtet uns von einem im Zentrum der Erscheinungen (4) stehenden Bewusstsein (5), das durch seine verbindende und verbindliche Existenz nicht nur in alle Richtungen schauen kann, sondern auch in allen Richtungen die immer gleiche Einheit abbildet. Letztere äußert sich in unterschiedlichen Formen in Form unterschiedlicher Summenzahlen. Beim LO SHU ist das die Zahl 15. Das erste der magischen Quadrate berichtet durch sie primär von zwei Dingen. Das eine ist das Prinzip des Schauens an sich, das sich schon über die mittige 5 äußert. Das andere ist dessen Beziehung zur stets Regie führenden Einheit (1). Das Verhältnis ist ein hierarchisches. Die Zahl und Summe 15 berichtet jedoch nicht nur von deren Hierarchie sondern vor allem auch von der unauflösliche Verbindung von Einheit und Bewusstsein (1—5).

3. Wie entsteht das erste aller magischen Quadrate?

Wir kennen weitgehend die Strukturen und formalen Wege, um magische Dreiecke zu konstruieren. Wir kennen das WIE, wissen aber wenig über das WARUM der einzelnen Schritte. Wer ihre inhaltliche Notwendigkeit nicht kennt, den erreicht auch nicht ihre Botschaft. Wenden wir uns ihnen zu: 

Man beginnt mit dem Entstehen der ersten Existenz überhaupt. Das ist das Entstehen des Archetyps ZWEI aus dem Archetyp EINS. Die Beantwortung jener Frage führt zum Quadrat der Fläche 2, das vom Einheitskreis (r = 1) eingeschlossen wird! Das Quadrat symbolisiert die Vier und die bedeutet Substanz. Aus der Substanz heraus erhebt sich wiederum Geist (3). So entsteht eine in das Innere des Einheitskreises fortlaufende Entwicklung des Entstehens immer neuer Substanzen und Geist (siehe Abb. xxx  Teil ((A))).

(In dieser Entwicklung spielt die Zahl 18 eine wichtige Rolle, denn sie zeigt, die Bedingung des Geistes, um eine neue Substanz entstehen zu lassen.)     {hier Link setzen zur Zahl 18}

Schon die zuerst entstehende Substanz – hier das Quadrat der Fläche 2 – wird von Qualitäten begleitet. Die Abb. ((B)) macht sie sichtbar: 

  • Die Substanz (4, Quadrat) ist vom Geist der Einheit geprägt.
  • Sie ist zum Geistprinzip (Kreis) ein Anderes und Polares (Quadrat).
  • Sie offenbart die Trias. Einheit ist immer eine Drei-Einheit. 

Die rückgreifende Verbindung zu den Zahlen macht das deutlich.

  • Die Substanz lässt die Zahlenarchetypen 1 – 9 im Bild des Quadrats erscheinen. Die anfängliche Trias 1-2-3 wird zur dreifachen Trias und erfüllt damit das Quadrat mit den Zahlenarchetypen 1 – 9 (3×3).

Der in der Abb. xxx dargestellte Übergang von ((A)) zu ((B)) offenbart: Der Geist der Einheit (Einheitskreis) bildet in sich (nach innen gerichtet, d.h. sie umschließend) die Substanz (4) aus und aus der Substanz erhebt sich dem Gesetz nach wiederum ein Geistiges (5). Dieser Geist ist diesmal ein spezifischer. Er ist der Geist des Bewusstseins (5). 

Das Bewusstsein zeichnet sich durch zwei Sichtweisen aus, die es zu einer Einheit verbindet. Diese zwei Seiten sind die aktive/männlich/nach außen gerichtete und die passive/weibliche/nach innen gerichtete Funktion. Aus solchem Bewusstsein heraus entsteht das fertige magische Quadrat – eine neue, vollkommene, sichtbare Substanz. 

Das LO SHU ist ein ungerades Quadrat, das wir primär als aktiv und männlich erkennen. Seine Substanz zeigt jedoch auch das Gegenteil dessen, was wir unter männlich/ungerade/abstrahlend verstehen. Die aus dem Bewusstsein hervorgehende Substanz ist eine ganzheitliche und nimmt das scheinbar Fehlende/Empfangende/Gegenteilige in sich auf und macht es als ein Ganzes in Form des magischen Quadrates sichtbar. Daraus entsteht eine merkwürdige aber doch vollkommene Funktion. Die in der Abb. ((B)) noch außen stehenden Teile (die Zahlen 1, 3, 9, 7) werden von der Substanz (Quadrat) aufgenommen. Nur so kann die Substanz wirklich vollkommen werden. Wie die Abb. ((C)) zeigt, erfolgt die Aufnahme keineswegs willkürlich, sondern durch das Prinzip der Zwei. Das ist das „Andere“ und Gegenteilige, das wirkt. Es lässt eine maximale „Differenz“ sichtbar werden.

Abb. xxx Konstruktion des LO SHU  in 3 Schritten

((A)) Die vom Geist der Einheit (1) umfasste Substanz (Quadrat der Fläche 2)

((B)) Die triadische Zuordnung der linearen Zahlenfolge zur Struktur des Quadrats

((C)) Die zusammenfassende Wirkung des (Bewusstseins (5) zum magischen Quadrat

Die Schritte des Entstehens des LO SHU vermitteln eine ungeheuerliche Botschaft über das Wesen des Bewusstseins (5). Auch wenn wir die mehrere Dimensionen übergreifende Funktion des Bewusstseins aus anderen geometrischen Gleichnissen bereits kennen, so erfahren wir an diesem ersten und somit archetypischen magischen Quadrat, wie die geraden und ungeraden Qualitäten, die wir mit männlich und weiblich identifizieren, fruchtbar zusammenwirken. Die Botschaft des magischen Quadrats ist eine lebendige. 

4. Hierarchie ist das Sein, das ewig anstößt

Wegen des hier häufig gebrauchten Begriffs der Hierarchie halte ich einen Nachtrag für notwendig. Ohne die Anwendung des Prinzips der Polarität und der mit ihm einhergehenden Hierarchie ist kein Erkennen möglich. Wer den Abstand zwischen dem Schauenden und dem was jener erschauen will, nicht zulässt, wird nicht erkennen. Hierarchie macht Ordnung möglich und diese nehmen wir über die Zahlen und die durch sie erkennbaren Archetypen wahr. Zahlen sind die Metaphern der Ordnung. Sie sind für den Menschen, der die Ordnung in ihrer abstrakten Weise erfassen will, dessen bedeutendstes Geistesgut. Die geordneten Zahlen zeigen eine Hierarchie von Bedeutungen an. Die EINS ist die bedeutendste unter ihnen und mit der zunehmenden Größe der Zahlen schwindet deren Bedeutung. Die theoretisch größte Zahl geht im Begriff der Unendlichkeit unter. Insofern ist sie die bedeutungsloseste Größe. Mit anderen Worten: Am Ende der Zahlenreihe bleibt nur noch ihr Wesen, das im Bewusstsein Platz nimmt und das Bewusstsein (5) konstituiert. Solches Bewusstsein ist dann das Zentrum aller Manifestationen. Das ist die Weisheit, die uns das geometrische Gleichnis des einfachsten magischen Quadrats vermittelt.

Fußnoten

¹ L.B. Hellenbach: Magie der Zahlen – als Grundlage aller Mannigfaltigkeit, Wien 1882, S. 57, im Selbstverlag des Verfassers.

² Der Logos ist ein Logos der Vollkommenheit. Er wird in seiner abstraktesten Form in der Beziehung der Zahlen 1 und 4 deutlich und äußert sich dann in der Beziehung von Linearität (1. Dimension) und Fläche (2. Dimension). Sein Wirken beruht auf dem vorherrschenden Prinzip der Addition. Unter dem Blickwinkel dieses Prinzips wird das von den Pythagoreern entdeckte Gesetz der Beziehung von der Addition gerader Zahlen und den Quadratzahlen erhellt. Es besagt, dass die Summe ungerader Zahlen von 1 aufwärts immer eine Quadratzahl ist:

1+3=22,  1+3+5=32,  1+3+5+7=42  

³ Die 1 + 7 Formen des LO SHU

4 9 2

3 5 7

8 1 6 4 3 8

9 5 1

2 7 6 2 9 4

7 5 3

6 1 8 6 7 2

1 5 9

8 3 4 6 1 8

7 5 3

2 9 4 8 3 4

1 5 9

6 7 2 8 1 6

3 5 7

4 9 2 2 7 6

9 5 1

4 3 8

⁴ Walter Trump veröffentlichte 2005 eine Liste mit den Anzahlen magischer Quadrate verschiedener Ordnungen. In ihr werden Quadrate, welche durch Spiegelungen oder Drehungen auseinander hervorgehen, nicht gezählt. Die Liste ist einschließlich der Quadrate der 5. Ordnung vollständig. Ab der 6. Ordnung handelt es sich wegen der enormen Vielzahl nur um Näherungswerte.

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