Was diese Zahl erzählt:

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Der Dekalog (10 Gebote) und seine Sprache

von Michael Stelzner

PLATON über das Wesen der Sprache

PLATON hat im Kratylos, einem wohl schwierigsten seiner Werke im Dialog dreier Philosophen das Wesen der Sprache umrissen.¹ Sein Lehrer SOKRATES, KRATYLOS und dessen Freund HERMOGENES zeigen in Hinblick auf die Sprache, dass der Philosoph dank seines potentiellen Bewusstseins die Dinge selbst zu erforschen hat, unabhängig von ihren Bezeichnungen. Sofern man in der Sprache den Blick allein auf die vermeintlich greifbare Substanz richtet, verschmelzen Unsinn und Tiefsinn miteinander.

Die von PLATON in Szene gesetzte Erkenntnis hat insbesondere Relevanz für alle Arten von Wissenschaften, denn gerade sie haben zur Förderung ihres Faches spezielle Sprachen entwickelt. Das gilt auch für die Theologie und die Exegese des Dekalogs.

Die Spezialisten glauben sich darin dem Laien überlegen. Auch wenn das sicher so ist, so ist die Tatsache nicht zu leugnen, dass jedes Spezialistentum erst durch Einschränkungen entsteht und jede Spezialsprache in ihr haftet. Zu leicht vergisst man, dass Einschränkungen das Erkennen und die Weitergabe der umfangreichen Informationen, die eine Sache in Wirklichkeit hat, verhindern. Im Falle des Dekalogs ist das besonders verhängnisvoll. Er ist nicht nur den Kern aller abrahamitischen Religionen, sondern setzt wohlwissentlich die Gottheit alias die Einheit Ganzheit und Vollkommenheit ins Bild, die ihrem Wesen nach der Herrscher über das Beschränkte und das Polare ist und sich nicht etwa von ihm beherrschen lässt. Vielmehr ist sie der Herrscher über die Polarität. Aus diesem Grund stellt sich im Dekalog die Gottheit JHWH eindrucksvoll mit einem zweifachen ICH vor.

Wenn wir also von vornherein wissen, dass die Sprache der Exegeten den Informationsgehalt des Dekalogs notwendig einschränkt, so müssen wir uns zunächst mit dem Wesen der Sprache selbst beschäftigen. Dabei helfen uns die Aussagen, die uns die Bibel selbst über die Sprache liefert. Wir finden sie in der sogenannten 5ten Toledot, dem 5ten Geschlecht, das von der Sprachverwirrung der Söhne der Sippen des Noah erzählt. In der Erzählung erfahren wir, was eine Sprache bewirkt und bewirken kann. Damit dies nicht bei der Exegese des Dekalogs geschieht, ist es hilfreich, die Lehre aus der 5ten Toledot, der Toledot des Bewusstseins zu erinnern, was nachfolgend kurz geschehen soll.

Die babylonische Sprachverwirrung

Das Wesen der Sprache ist es, die Dinge einander sinnvoll zuzuordnen. Doch ist auch sie bereits ein Manifestiertes und archetypisch Viertes, dessen Herkunft aus der Einheit, Ganzheit und Vollkommenheit erst noch von einem Bewusstsein (5) erschaut und in seiner Doppeldeutigkeit reflektiert werden muss. Die Sprache schließt das Fehlen (2) und Verfehlen und somit den möglichen Irrtum notwendig ein. Um diese Unkenntnis der Sprache und den aus ihr erwachsenden Irrtum geht es in der 5ten Toledot der biblischen Genesis, der sogenannten babylonischen Sprachverwirrung. Es geht um das Bewusstsein und seine Fähigkeit, die Vierheit (siehe das „Ziegeln eines Turmes“) in ihrer substantiellen Existenz zu durchschauen und die hinter ihr wirkende und sie konstituierende Ganzheit zu würdigen.

 

In der 5ten Toldedot entfaltet sich das Prinzip des Erhebens, wie es das Bild vom Dreieck grundgelegt in seiner räumlichen und praktischen Dimension. Das Erheben eines Fünften aus der Ebene der Vier führt zur Geometrie der Pyramide. Das Fünfte alias die Pyramidenspitze bildet ihr Wesen ab. Es ist selbst nicht mehr substanzieller Natur und doch ist die Substanz (4) dem Bewusstsein (5) im umfangreichen Wortsinn gegenwärtig. Analog verhält es sich mit der Sprache, die ein Phänomen des Bewusstseins ist. Auch sie bedarf des substantiellen Wortes, bildet aber im Bewusstsein etwas ab, das keine Substanz im herkömmlichen Sinn mehr besitzt.

Über die wahren Hintergründe der babylonischen Sprachverwirrung gibt mein Aufsatz >Die 5. Toledot – die Sippen der Söhne NOAHs und der Turmbau zu Babel< Auskunft.

Fußnoten

¹ „Es hat aber auch von diesen geweissagt Henoch, der siebte von Adam an …“ (Jud 14). Zum Verständnis der hier angesprochenen, vollständigen „Erhöhung der Zwei“ und damit auch des sogenannten Prinzip des Widersachers, ist wichtig, zu wissen, das Henoch und Mose die beiden Gerechten und Weisen waren, die direkt von der Gottheit aufgenommen wurden und kein irdisches Grab haben und keines solchen bedürfen!

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