Aus der herkömmlichen Sicht wirkt die 13 wie ein Störfeuer auf die bestehende Ordnung. Auch die Zahlenlehre und die Geometrie scheinen das zu bestätigen. Weil sich daraus der Aberglaube an die „böse 13“ nährt, möchte ich der Ansicht nicht gleich widersprechen, sondern erst einmal ein Stück weit folgen. Zum Erstaunen einiger wird sich das bisher offenbar gut Begründete nun als unvollkommen erweisen. Um den Widerspruch, der uns täglich als Widerspruch zwischen Ordnung (12) und scheinbarem Chaos (13) begegnet, aufzulösen, bedarf es eines Umweges.
Wir haben versucht, das Wesen der Zahl 13 am Stifel-Quadrat zu erhellen. Das erweckt den Eindruck, das Phänomen des Stifel-Quadrats und die Zahl 13 wären nicht voneinander zu trennen oder sie wären sogar identisch. Das ist mitnichten der Fall. „Die Sache liegt einfach anders“ – im mehrfachen Wortsinn.
Wir müssen feststellen, dass es nicht nur das oben gezeigte Stifel-Quadrat gibt, sondern eine Fülle, wenn nicht sogar eine unendliche Anzahl derartiger, gerahmter magischer Quadrate.⁵ In den Zentren dieser Quadrate stehen zudem häufiger andere Zahlen als die Zahl 13. Das ergibt sich schon daraus, dass es bei weitem mehr magische Quadrate höherer Ordnung gibt als nur die der 5. Ordnung. Endlich stellen wir sogar fest, dass die beschriebene „Stifel-Qualität“ nicht nur nicht an die Zahl 13 gebunden ist, sondern nicht einmal auf die ungeraden magischen Quadrate beschränkt bleibt, denn die gerahmten magischen Quadrate finden wir auch bei den Quadraten gerader Ordnung. Die aber haben kein Zentrum, das aus nur einer Zahl besteht.
Wenn die eingebetteten oder die Stifel-Quadrate ab der 5. Ordnung in magischen Quadraten jeder Ordnung und sogar bei den geraden magischen Quadrate vorkommen, welche gar keine zentrale Zahl besitzen, wie die 13 im o.g. Quadrat eine ist, dann scheint der Beweis erbracht zu sein, dass der Grund des Phänomens der Stifel-Quadrate keinen ursächlichen Bezug zur Zahl 13 hat. So will es die lineare Logik der Naturwissenschaften. In ihr gilt ein zuvor geglaubtes Gesetz als widerlegt, wenn es nur einen Fall gibt, der ihm widerspricht. Ein Stifel-Quadrat, das die Zahl 13 nicht in seiner Mitte positioniert, wie die ungeraden magischen Quadrate ab der Ordnung 7 und alle geraden magischen Quadrate sind zahlreich und damit aus linearlogischer Sicht zahlreiche Widerlegungen der These, es wäre die Zahl 13, welche die Existenz einer anderen Welt mit einer anderen Ordnung zur Anschauung bringt.
Doch Vorsicht! Die Sache liegt anders und ist komplexer als es die soeben gehandhabte, lineare Logik uns glauben macht. Denn: Die eigentliche These war, dass die Zahl 13 die Existenz einer anderen Ordnung als die, welche wir kennen, zur Anschauung bringt. Das Anderssein konfrontiert notwendig mit dem vorliegenden Widerspruch.
Bei allem Widerspruch bleibt wahr, dass die magischen Quadrate der 5. Ordnung in der Reihe der aufsteigenden Ordnungen die ersten magischen Quadrate sind, welche gerahmte Quadrate möglich machen, denn sie müssen den Raum für das eingeschlossene Quadrat der 3. Ordnung zur Verfügung stellen. Wahr ist ebenso, dass die im Zentrum stehende 13 das Vermögen erstmals und in seiner einfachsten Form praktisch umsetzt. Das macht das einfachste gerahmte magische Quadrat mit der 13 in seiner Mitte zum Archetyp all der anderen seiner Art. Als ein Drittes bleibt wahr, dass die zentralstehende 13 eine systematische Entfaltung des Archetyps der 5 ist, die den Wesenskern des ersten aller magischen Quadrate ausmacht. Das Entfaltete schließt das Wesen seines Ursprungs ein. Das Wesen des 3er-Quadrats und das Wesen des 5er-Quadrats haben eine aufbauende Beziehung und sind durch das universelle (inhaltliche) Additionsprinzip, wie es der Logos vermittelt, verbunden.
Die Zahl 13 steht für ein Bewusstsein, das zwei Dimensionen von Ordnung überschaut. Darin berichtet die Zahl vom Überschreiten der Grenzen der 12. Jene vorangehende Ordnung konnten wir an ihren Phänomenen erkennen. Die Phänomene gehören der Ordnung an. Sie sprechen von ihr und für sie. Mit der Zahl 13 tritt ein Bruch in der Deutung der Phänomene ein. Nach ihm ist es nicht mehr angemessen, die Ordnung als eine rein phänomenologische zu sehen. Die zwei Ordnungen wollen nun von ihren Zielen her gedeutet werden. Nur so sind sie miteinander in Einklang zu bringen. Das Wie wird durch des Warum vervollständigt. Das aber bedarf des Wissens über Archetypen und hier wird die Luft für das Urteilsvermögen herkömmlicher Wissenschaften dünn.
Fazit: Aus dem gewöhnlichen Kausalkontext heraus ist das Entstehen der Stifel-Quadrate höherer Ordnung (>5) nicht der 13 zuzuschreiben, wohl aber ihrem Wesen. Jenes Wesen erscheint als Archetyp im Stifel-Quadrat der 5. Ordnung. Es wirkt in allen diesen Quadraten und in allen ihren Ordnungen fort.
Wie verhängnisvoll sich eine mangelnde Unterscheidung zwischen einer phänomenologisch (dinglich) zu deutenden und einer archetypisch (prinzipiell) zu deutenden Ordnung auswirken kann, das musste, wie wir nun sehen werden, der Beschreiber und Konstrukteur der Stifel-Quadrate MICHAEL STIFEL tragisch erfahren.