Was aus einem einzigen Zählsystem, wie beispielsweise aus unserem Dezimalsystem heraus nicht unmittelbar ersichtlich ist, das bringen die sogenannten heiligen Sprachen wieder ans Licht. Sie basieren auf einer Ordnung von neun grundlegenden Archetypen, die sich in wachsenden Dimensionen wiederholen. In dieser Ordnung besteht eine Identität zwischen den Buchstaben und den Zahlen. Buchstaben sind Zahlen und umgekehrt.
Die hebräische Sprache der Zahlen-Archetypen erfasst gleich zwei Zählsysteme, das Neuner- und das Zehnersystem (Dezimalsystem). In ihr wiederholen sich die neun Archetypen in einer jeweils anderen und höheren Erscheinung. Durch die Folge von Dimensionen werden die scheinbar an der Linearität hängenden Archetypen in eine neue und höhere Ordnung erhoben, in die Ordnung der 10. Dort bleiben sie sowohl gegeneinander als auch in Bezug auf ihre Dimension unterscheidbar. Das gelingt durch die Besonderheit der Sprache, denn die gleich in mehreren Dimensionen auftretenden Archetypen unterscheiden sich durch die ihnen zugeordneten, sogenannten Zahlenwerte. Jede Zahl hat danach einen zählenden Reihenwert und einen erzählenden Zahlenwert. Beide Werte sind bis einschließlich der Zahl 10 identisch. Ab der Zahl 11 tritt der Aspekt der zusätzlichen Unterscheidungen hinzu.
Abb. 1 Die 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets haben je einen Reihenwerte und einen Zahlenwert.
Die «erzählenden Zahlenwerte» (in Abb. 1 grau hinterlegt) lassen erkennen, dass sie trotz ihrer speziellen Differenzierung noch der maßgebenden religiöse Ordnung der Neun (33) folgen. Die zweifache Zuordnung lässt aber vor allem die besondere Stellung der 10 erkennen. Mit der 10 beginnt eine neue, zweite Seins-Art (siehe II), welche die vorangehende, lineare Sichtweise (I) übersteigt, deren Wesen sie aber gleichwohl einschließt.
Das Zahlen- und Buchstabensystem der Hebräer erfasst drei Dimensionen (siehe I, II und III), die sich auf eine wiederum höhere zubewegen. In der Ordnung der «profan gezählten Daseins-Dimension» wird der erste Wechsel in eine höhere mit der Zahl 10 angezeigt. Die wiederum höhere Dimension wird mit dem 19. Buchstaben, dem Qoph ( ק ) angezeigt. Er verbindet die Welt des offensichtlich Polaren und Profanen (I + II) mit der Welt des Geistes (III). Das Sinnbild des Qoph ist ein «Nadelöhr». Sein Zahlenwert ist 100. Mit ihm beginnt ein verbindendes Drittes in Form eines neuen Ganzen. Die Funktion macht deutlich, warum sein Bildsymbol ein Nadelöhr ist. Wie ein solches den kleinen Faden mit dem großen Gewebe verbindet, so verbindet das «Nadelöhr» die Widersprüche (2) der Religionen im Bewusstsein ihrer Subjekte (5).
Die mit dem Qoph beginnende dritte Dimension der Buchstaben erzählt wie jedes Dritte vom Zusammenfluss des «Einen» mit dem «Anderen». Ihr vornehmliches Ziel ist es, die Linearitäten zu erkennen und zu überwinden. Da dem Qoph zwei Dimensionen des Lebendigen mit ihren zwei Linearitäten 1-9 und 10-90 vorausgehen, erzählt es nicht nur vom abstrakten «Einen» und «Anderen», sondern vom wirklichen Erleben der begrenzten Linearität in Form von «Anfang» (1) und «Ende» (9) einer konkreten Existenz. Das «Nadelöhr» überwindet sie. Die Abb. 1 macht das über die erhabene Position des Zahlenwertes 100 sichtbar.
Wenn wir nun wissen, dass die Zahlen mit ihren zwei Seiten die Hüter des Wissens sind, dann sollten wir sie so zur Anschauung bringen, dass uns beide Seiten ins Auge fallen und uns beide «einleuchten», wie man treffend sagt. Mit anderen Worten: Wir müssen uns ihrer zählenden Linearität auf eine Weise bedienen, die den durch sie garantierten und doch larvierten Qualitätszuwachs abbildet. Das gelingt, wenn wir die Zahlenfolge in einer triadischen Flussform abtragen, wie ich das in der von mir genannten «Flussform der Zahlen» zeige. Solche Darstellung benutzt zwar noch die uns geläufigen Zahlzeichen, ist aber von diesen nicht mehr abhängig. Jedes Zeichen könnte durch ein beliebiges anderes ersetzt werden. Indem wir uns allerdings zusätzlich auf das uns geläufige Dezimalsystem beziehen, haben wir die Möglichkeit, die in der Flussform ansichtig werdenden Qualitätssprünge aus dem bekannten Blickwinkel heraus zu erfassen. Insofern bedienen wir uns des Dezimalsystems, ohne dass wir uns seinem Diktum unterwerfen. Das ist von außerordentlicher Bedeutung, denn es bedeutet, dass die «Flussform der Zahlen» nicht wirklich an ein Zahlensystem gebunden ist! Sie begründet sich nicht im Dezimalsystem. Die sich in der «Flussform der Zahlen» kristallisierenden Botschaften umfassen prinzipiell alle Zahlensysteme, weil sie auf die nicht weiter reduzierbare Trias zurückgreifen.