((1)) „jeder─tötend“ = 20-30─5-200-3 = 258 Gen 4,12 ff
Die Genesis beschreibt den Tod in seiner konkreten Form erstmals in der Tragödie um den Brudermord von Kain an Abel (2. Toledot, Gen 4). Die Gottheit hatte im einseitigen Erwählen der Opfergabe Abels offenbar den Auslöser für das Töten geliefert. Der erstgeborene, konservative Ackerbauer Kain tötet seinen Bruder, den zweitgeborenen, progressiven Viehzüchter Abel. Kain wird daraufhin von der gleichen Gottheit JHWH, von der das Drama seinen Ausgang nahm, vom Erdboden vertrieben. Die Motive der Gottheit sind zunächst undurchschaubar. Eine genauere Betrachtung gibt jedoch Einblick. Von Bedeutung ist, dass die Gottheit JHWH Kain nicht von der Erde (1-200-90), sondern vom Erdboden (1-4-40) vertreibt. Der Erdboden macht in seiner Zahlenfolge das Gesetz der Gesetze (1—4 …) ansichtig. Die Gottheit vertreibt Kain somit von nichts weniger als vom Logos und gerade der ist es, den der Mensch reflektieren soll. Kain hatte sich bis zu seiner Vertreibung nur physisch vom Erdboden ernährt, nicht jedoch dessen Qualität wahrgenommen. In ihr hätte er das Geheimnis der „Ansprache der Gottheit“ (1ß4) gefunden. Das Dilemma begann mit der fehlenden Aufmerksamkeit, der fehlenden Achtsamkeit des Menschen. Kain konnte die Gottheit so nicht ansprechen und manifestierte anstatt der Einheit, die Zweiheit – den Tod. Kain übersah die Erlösungsformel und verfehlte das wahre „über den Erdboden“, eine Metapher für das wahre Erhabenseins.
Mit der Vertreibung macht JHWH den Mangel (be)greifbar. Da Kain die Formel des Erdbodens nicht kennt, gelangt er nicht zum wahren Anblick der Gottheit und glaubt, mit der Vertreibung nun allseits dem Tode durch andere ausgesetzt zu sein. Die Gottheit JHWH korrigiert auf zweifache Weise seine fehlerhafte Meinung. Zum einen verweist sie auf das Wesen des siebten Archetyps, der inhaltlich nichts verlorengehen lässt und das Fehlende stets in die Welt zurückwirft.¹² Zum anderen verweist die Gottheit auf das Zeichen der Vierzahl, das Kain nun nicht mehr vor sich sieht. Er trägt es für die anderen sichtbar an seiner Stirn. Wer es kennt und an ihm erkennt, der wird Kain nicht töten. Kain selbst aber kann nun nicht mehr auf die im Erdboden sichtbare Weisheit zurückgreifen und muss den Leidensweg der persönlichen Erfahrung gehen:
„Wenn du den Erdboden bebaust, soll er dir nicht länger seine Kraft geben. Unstet und flüchtig sollst du sein auf der Erde (1-200-90). Und Kain sprach zu JHWH: Meine Strafe ist zu groß, um sie ertragen zu können. „Siehe, du vertreibst mich heute vom Anblick von oben auf den Erdboden. Und vor deinem Anblick muss ich mich bergen. Und ich werde auf der Erde unstet und flüchtig sein.¹³ Und es wird so sein, dass jeder der mich findet, mich töten kann.“ Aber JHWH sprach zu ihm: So denn wird jeder, der Kain tötet (jeder─tötend = 20-30─5-200-3 = 258) siebenfach geahndet werden. Und JHWH machte an Kain ein Zeichen, damit ihn nicht ein jeder erschlägt, der ihn findet. (Arbeitsübersetzungen n. M. Stelzner)
((2)) „wie-ein-Scherzender“ (20-40-90-8-100 = 258) Gen 19,14 f
Nachdem die Kain-Erzählung das Nichtwahrnehmen Gesetzes der Vier und damit das Verhältnis von Leben und Tod als den ersten Fehler des erwachenden Bewusstseins beschreibt, thematisiert es hier den zweiten. Das ist das Ignorieren des drohenden Todes aus einer Oberflächlichkeit heraus. In der Erzählung wird Lot von den Engeln Gottes vor der Zerstörung des Ortes gewarnt. Doch der scheint in den Augen seiner Schwiegersöhne nur „wie-ein-Scherzender“. Sie müssen deshalb den Tod erfahren.
((3)) „durch-Töten-dich“ (30-5-200-3-20 = 258) Gen 27,42
Beim dritten Archetyp geht es immer um das Verbindende, um Fruchtbarkeit und um ein prinzipielles Überleben. Dieser tiefe Hintergrund wird meist durch vordergründige Formen, welche schnell etwas anderes glauben lassen, überdeckt. Ein Beispiel sind die Reaktionen (3) JHWHs auf die Opfergaben von Kain und Abel, sowie die Reaktion (3) Kains. In der späteren Erzählung über den Brüderzwist von Esau und Jakob wiederholt sich das Muster auf polare Weise. Dort ist es nicht die Gottheit (1), welche undurchsichtig und scheinbar zwiespältig handelt sondern die Rebecca, die Mutter (4) der Zwillingsbrüder Esau und Jakob. Rebecca hat den sich hervortuenden Jakob, der mit dem Abkaufen des Erstgeburtsrechts seines Bruders Esau bereits „zweifelhafte“ Tatsachen geschaffen hatte, beim weiteren Erschleichen ähnlicher, aktiv geholfen. Die Mutter (4) nimmt den Zwist auf und strikt ihn in ihr Tun zum Ganzen ein. Nach der Eskalation des Brüderkonfliktes jedoch hilft sie dem „Zwistbringer“ Jakob, zu fliehen. Sie warnt Jakob vor der Rache des Bruders mit den Worten „durch-Töten-dich“. Bei allem Geschehen wird Jakob dennoch und gerade durch seine Aktivität die 12 Stämme des Gottesvolkes begründen.
((4)) „wir-erschlagen“ (50-5-200-3 = 258) Gen 37,26 f
Der Archetyp der Vier zeichnet sich durch die Annahme der Polarität und des Zwistes aus, die sie dem verborgenen Logos zufolge zu einem ungeahnten Ganzen verwandelt. Die Erzählung von Josef und seinen ihn zürnenden Brüdern ist ein Beispiel dafür.
Der begnadete und wahrträumende Josef irrt umher, um sich des Wohls seiner Brüder und ihrer Viehherden zu vergewissern. Doch der Bewusstseinsunterschied zwischen ihm und seinen Brüdern ist sehr groß und führt zum Konflikt. Aus Neid „trACHTen“ sie danach, ihn zu erschlagen („wir-erschlagen“ = 50-5-200-3 = 258). Nur Ruben, der Erstgeborene und der Einheit Nächste will ihn retten und zum Vater zurückbringen. Er bewirkt, dass sie Josef nur in eine Zisterne werfen, die gerade kein Wasser enthält, anstatt ihn zu töten. Doch Juda, der vierte der Brüder dient der Substanz (4) und wendet das Geschehen unbeabsichtigt zum Guten. Juda verkauft Josef an zufällig vorüberziehende Ismaeliten. Er erzielt einen Gewinn und kann zugleich der Ermahnung des erstgeborenen Ruben folgen und Josef vorm Tod bewahren. Zusammenfassend sind der Erste und der Vierte die Protagonisten, die auch im „Zufall“ dem Erscheinen des Logos, dem Gesetz des Lebens dienen.
((5)) „und-er-segne-dich“ (6-10-2-200-20-20 = 258) Gen 49
Der Terminus „und-er-segne-dich“ bildet das Ende, die Quintessenz in der Fünfersequenz der archetypischen Zahlenfolge 258. Die Richtungsweisung durch das Bewusstsein (5), die Aufmerksamkeit und Achtsamkeit mündet im Segen: Am Ende aller Erzählungen der Genesis erteilt der Urvater Jakob vor seinem nahenden Tod seinen 12 Söhnen seinen Segen. Die 12 Söhne begründen die 12 Stämme Israels und diese wiederum repräsentieren die archetypische Ordnung allen Daseins. In dieser Ordnung fällt Josef als der Elfte besonders auf. Er ragt aus der begrenzten Vielheit wie die 11 heraus und stellt wie dieses in ihren sichtbaren Einzelheiten jeweils das Eine vor. 11 ist die Zahl der Symmetrie. Die Symmetrie kennzeichnet die letzte und höchste Qualität in der Genesis. Wie sie lässt Josef den Unterschied – hier der der übrigen Brüder zu ihm – erkennen und stehen, interpretiert ihn aber im Sinne eines alles überragenden Ganzen.
Der biblische Text setzt beim Segen von Jakob über Josef den Terminus „und-er-segne-dich“ ein und bildet darin letztmals die Summenzahl 258. Jakob kennzeichnet den Segen durch eine feine aber wichtige Unterscheidung, die er dem Segen nachstellt. Danach sind die Segnungen der Subjekte (s. 258) stärker als die aus der Natur (s. 248). Zudem sei der Segen der Natur in dem des Subjekts enthalten: „Die Segnungen deines Vaters überragen die Segnungen der uralten Berge, der begehrenswerten, ewigen Hügel.“ (Gen 49,26)
Durch die Haltung und Handlung Josefs wird der Unterschied (2) – der Unterschied zu seinen Brüdern und der Unterschied zum früheren Feindesland Ägypten – geheilt und geheiligt. Die Genesis bekundet diesen auch in der vollbrachten Einheit noch vorhandenen, subtilen Unterschied in einer wichtigen, seine und die Psyche seiner Brüder erfassenden Erzählung. In seiner Weisheit und Achtsamkeit wird Josef der Unterschied noch einmal schmerzlich bewusst.
Nachdem er seinen toten Vater Jakob beweint und begraben hatte, erschleichen seine Brüder aus falscher Angst vor ihm wegen ihres Fehlverhalten seine Vergebung für sie. Diese Differenz berührt Josef. Er weint darüber, vergibt ihnen und sagt: „Ihr hattet gegen mich Böses beabsichtigt. Gott aber hat Gutes beabsichtigt wie auch an diesem Tag, um ein großes Volk am Leben zu erhalten“ (Gen 50,20).
Josef starb mit 110 Jahren. Die Botschaft der Zahl lautet: Der Vater des 11. Stammes Israels erreicht in seinem Bewusstsein die nächsthöhere Ebene des Seins. Am Ende der Genesis geht es um kein anderes Thema als das, welches schon ihr Anfang in den ersten beiden Wörtern zum Ausdruck bringt: Das Erkennen und Umsetzen der wahren Beziehung, der Beziehung der ersten beiden Archetypen, der Eins und der Zwei. In den Subjekten wird sie zur Frage der Beziehung von Leben und Tod. Durch den bewussten Umgang mit der Urbeziehung und somit mit allen Beziehung entsteht EintrACHT.