Was diese Zahl erzählt:

Was diese Zahl erzählt:

In welcher Beziehung steht das Recht auf Leben zur Freiheit des Menschen?

von Michael Stelzner

Inhaltsverzeichnis

1. Das vierfache Recht, das Gesetz und seine Formel

Das deutsche Grundgesetz spricht im Artikel 2, Abs. 2 von vier Grundrechten. Den ersten drei, dem Recht auf Leben, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und dem Recht der Freiheit der Person folgt als ein viertes, zunächst eigenartig klingendes Recht. Es hat zum einen den Status eines Grundrechts und ist zum anderen eine Art Formel, welche das genaue Gegenteil des bis dahin Geltenden einschließt, denn es kann alle anderen Rechte durch Gesetze einschränken. Das ist bemerkenswert, da es die ureigene Aufgabe der Grundrechte ist, Einschränkungen und Behinderungen gerade zu vermeiden. Das hier genannte Vierte ist so gesehen eine Art Super-Recht, denn es kann die Grundrechte wiederum per Gesetz einschränken.

Art. 2 Abs. 2 GG:   „Jeder hat das Recht auf

((1))  Leben

((2))  und körperliche Unversehrtheit.

((3))  Die Freiheit der Person ist unverletzlich.

((4))  In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Bevor wir auf das erstgenannte Recht, das Recht auf Leben eingehen, soll hier noch die besondere Stellung des Gesetzes als solches genannt werden, das nicht zufällig die vierte Position einnimmt. Mit dieser Position wird die Beziehung des Begriffs „Recht“ mit dem Begriff „Gesetz“ verbunden. Vor allem aber haben die Väter des Grundgesetzes darin das Recht im Sinne des rechten Verhaltens mit der Vierzahl verbunden. Das geometrische Gleichnis der Vier ist das Rechteck, das Quadrat oder das Kreuz. Bei ihm stehen die Seiten senkrecht aufeinander. Alle Seiten sind so in „rechter Weise“ miteinander verbunden. Dieses eine Beispiel soll exemplarisch zeigen, dass die Geometrie und ihre Gleichnisse nicht nur seit jeher das Vorbild der Geisteswissenschaften waren, sondern auch die Struktur und Ordnung des deutschen Grundgesetzes geprägt haben. Hier sei der Hinweis erlaubt, dass das Vorbild für das deutschen Grundgesetz das ältere Grundgesetz der Freimaurerei war.

2. Das Recht auf Leben – das Erste und das dennoch Nachgeordnete

Das Recht auf Leben ist nicht nur ein Grundrecht, es ist das erstgenannte im deutschen Grundgesetz. Das suggeriert, es handele sich dabei um das Primärrecht aller Rechte, das über allen anderen steht. Das ist schon deshalb unrichtig, weil es per Gesetz durch das an vierter Stelle genannte Grundrecht der Gesetzgebung eingeschränkt werden kann. Diese bewusst ins GG aufgenommene Verkehrung durch Rückkopplung, die ihrer Natur nach eine Verneinung ist, nötigt den Leser, auch den Stellenwert der Freiheit in Bezug zum Recht auf Leben zu überdenken.

Es gibt vielerlei Gründe, das Recht auf Leben dem Recht auf Freiheit nachzuordnen. Einer ist der der Kultur. Es ist die Kultur die den Menschen von den Tieren unterscheidet. Die menschliche Kultur erhebt sich über die Kultur der niederen Wesen, wie beispielsweise die „Kultur“ von Bakterien in einem Reagenzglas oder in einer Petrischale. Die menschliche Kultur kennt den Kult und dieser bezieht sich eigens auf den Tod. Der Mensch kann und muss den Tod bewusst realisieren. Nur der Mensch weiß, dass das Sterben unvermeidbar ist. Die Kultur ist die Beschreibung der Art und Weise, wie wir sterben. So basiert beispielsweise die christliche Kultur auf der Erzählung vom Sterben Jesu Christi, eines vorbildhaften, göttlichen Menschen der für seine Freiheit und die Freiheit aller anderen Menschen sein Leben hingegeben hat. Wir kennen die christliche Antwort auf die Frage nach dem Ersten und Wichtigsten. Sie entscheidet nicht in linearer Weise zwischen einem Ersten oder einem Zweiten, sondern gipfelt wie das GG in einer Dreizahl, der Dreizahl von Leben, Körper und Freiheit. Im Christentum nennt man sie die Drei-Einigkeit.

Bevor der Legende nach Christus an die Vierheit, an das Kreuz geschlagen wird, erzählen vier Evangelien auf vier verschiedene Weisen von dessen vorangehendem Tun, das in allen Details auf das Eine, auf die imaginäre Gottheit gerichtet war. Analog berichtet das GG. Bevor es in seinem Artikel 2 vom sogenannten Recht des Menschen auf Leben, körperliche Unversehrtheit und von der scheinbare unverletzlichen Freiheit der Person berichtet, legt es als allererstes in Artikel 1 Zeugnis von der Konstitution des Menschen ab. Dieses Erste führt Regie über alle ihm nachfolgenden Qualitäten und die aus ihnen abgeleiteten Rechte. Ein Missverständnis aufgrund der Geringschätzung des Ersten zieht heillose, andere Missverständnisse nach sich.

Wie entscheidend das archetypisch Erste ist, das erkennen wir beim Benutzen der Zahlen und des Zahlenstrahles. Die Zahl Eins kann man gar nicht geringschätzen, denn jede ihr nachfolgende Erscheinung – jede andere Zahl –  ist ein Vielfaches der am Anfang des Zahlenstrahles stehenden Eins. Alle Teile (Quanten) nach der Ur-Einheit bilden ein Vielfaches der Ur-Einheit ab. In moderner Weise zeigt uns das die Quantenlehre der Physik: Alles was existiert, das existiert aufgrund der Zahlen und diese wiederum aufgrund der Eins.

Zu schnell sprechen wir vom im Artikel 2 beschriebenen Recht auf Leben, körperlicher Unversehrtheit und der scheinbaren unverletzlichen Freiheit, ohne uns Rechenschaft darüber abzulegen, was deren Voraussetzung ist. Wir tun so, als ob diese Rechte nicht anzuzweifeln wären, sondern unzerbrüchlich wären, weil sie gottgegeben sind. Das ist nicht so und der Artikel 2, der das Recht auf Leben, körperlicher Unversehrtheit und der unverletzlichen Freiheit benennt, sagt das ja auch im gleichen Atemzug, indem er das von den Menschen gemachte Gesetz über sie stellt: „In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.“ Gottgegeben ist nicht das niedergeschriebene Gesetz selbst, sondern der Mensch, der die Ordnung der Dinge erkennt und ihr nachfolgend die Gesetze erlässt.

3. Der Artikel 1 und seine tiefgründige Dreigliederung

Bevor man den Artikel 2 des GG interpretiert, muss man unbedingt den Artikel 1 verstanden haben und das bedeutet insbesondere, seine Dreigliedrigkeit zu verstehen. Viele glauben nur, den einleitenden Artikel verstanden zu haben und erlassen dann kraft ihres Amtes die Gesetze. Solche Gesetze sind dann aber nur Zeugnisse ihres persönlichen Glaubens. Oft zementieren sie Unfreiheit oder sogar – was noch schlimmer ist – den Tod in Unfreiheit.

Um das zu erhellen, möchte ich nun einen Blick auf den Artikel 1 des GG werfen.

((1))     Die Würde des Menschen ist unantastbar.
                Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

((2))     Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen

            Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens

            und der Gerechtigkeit in der Welt.

((3))     Die nachfolgenden Grundrechte (4) binden (3)        ((1-)) Gesetzgebung,

((-2)) vollziehende Gewalt

((-3-)) und Rechtsprechung   

            als unmittelbar geltendes Recht.

Die einleitende und sichtbar triadische Struktur des Artikel 1 des GGs teilt dieser mit dem Vorverständnis der christlichen Lehre. Jede Trias berichtet stets als erstes von der Einheit, Ganzheit und Vollkommenheit – der Würde selbst.

Das ihr folgende Zweite ist das Prinzip der Polarität. In Wahrung der vorangestellten Einheit äußert sich die Polarität in ihrem Bild, im Bilde der Eins und der Vollkommenheit. Im GG wird so aus der negativ zu bewertenden Verletzbarkeit oder Veräußerung die positiv bewertete Unverletzbarkeit und Unveräußerlichkeit.

Als nächstes und Drittes werden die beiden vorgenannten Qualitäten, die Vollkommenheit alias die Würde und das Prinzip der allgegenwärtigen und lebenswichtigen Polarität im Muster der Trias miteinander verbunden. Es ist das Verbindungsprinzip das Neues schafft, auch wenn das Neue, die Gesetzgebung, die Gewalt und die Rechtsprechung ihrer Natur nach Prinzipien der Differenzierung und damit der Trennung sind.

Beachtenswert ist, dass aus dem Dritten und (Ver)Bindenden seinerseits eine Dreigliederung hervorgeht und so ein fraktales Muster formt. Die aus den verbindlichen Grundrechten hervorgehenden Rechtsfunktionen sind (1) die Gesetzgebung, (2) die vollziehende Gewalt (3) und die Rechtsprechung. Im Klartext bedeutet das: Der Artikel 1 des GGs überstrahlt alle nachfolgenden Gesetze. Er ist gibt die Richtung und das Maß für die Interpretation des herrschenden und anzuwendenden Rechts an. Seine Orientierung gebende Kraft erwächst aus dem triadischen Denken und der im innewohnenden, fraktalen Struktur.

4. Würde und Trias entstammen der Religion und ihrer Archetypenbeschreibung

Die grundlegende Trias erhebt das Denken über die gewöhnliche, lineare Logik, welche für sich allein den Geist des Menschen in den ewigen Zwiespalt werfen würde. Sie ist es, die sowohl die christliche Lehre als auch das GG zu den Orientierungshilfen macht, die wir kennen. Lineares Denken oder lexikalisches Wissen allein sind nicht geeignet, deren Texte angemessen zu interpretieren. Vielmehr bedarf es des uralten, triadischen Wissens über die sogenannten Archetypen. Über die christliche Lehre kommend haben sie endlich auch das GG geformt. Um das zu untermauern, möchte ich einen zusätzlichen und noch weitergehenden Blick auf den so wichtigen Absatz 1 des 1. Artikels werfen – die alles beherrschende Würde des Menschen. Sie muss hinterfragt und verstanden werden, denn der Zweifel ist der Kern allen Unrechts. Die den Anfang des GGs bildende Würde des Menschen entspricht in der Archetypenlehre der Zahlen der Zahl Eins, dem Symbol für Einheit, Ganzheit und Vollkommenheit. In der Reflektion auf sie erwächst das Bewusstsein des Menschen. Das Bewusstsein im Allgemeinen entspricht der Zahl Fünf. Am 5. Tag der biblischen Genesis wurde bewusst das Leben erschaffen.¹ Der Artikel 5 des GG handelt folgerichtig von der potentiellen Freiheit der Menschen, die aus der bewussten Schau auf seine Würde erwächst.

Da kaum jemand die Ordnung der Archetypen kennt, welche die wahre Grundlage aller Religionen ist, muss man die Würde des Menschen mit Hilfe der Religionen beschreiben. Die Väter des GGs gehörten der christlichen Religion an. Ihre Werte haben sie versucht, in einem weltlichen Gesetz zu verankern.

Die Würde des Christen-Menschen begründet sich in den Worten der Bibel, die von der Erschaffung des Menschen berichten. Der dort metaphorisch formulierte Text der erschaffenden Götter lautet:

Wir machen den Menschen in unserem Bild, wie unser Gleichnis …“ (Gen 1:26f).

Die Metapher von „Bild und Gleichnis“ beschreibt ein Spiegelprinzip. Das macht auch der ihm folgende Vers (Gen 1;27). Der benutzt aber eine andere Form, sodass die beiden Sätze sich ihrerseits spiegeln:

„Und Gott schuf den Menschen in seinem Bild, im Bilde Gottes schuf er ihn …“ (Gen 1;27)

Über das zweifache Spiegelprinzip führt die Polarität und Gegensätzlichkeit zu einem imaginären Dritten, um das es im Eigentlichen geht. Weder die Gottheiten noch der Mensch allein erreichen es, wohl aber das Dritte – die Drei-Einheit! Der Text verrät durch die Wahl und Anzahl seiner Wörter sogar, auf welche Weise und nach welchen Gesetzen sich die vorgenannte Einheit und Würde manifestiert:

Der erste Satz besteht aus 4 originalen hebräischen Wörtern und der zweite, diesen weiter ausführende Satz besteht aus 7 hebräischen Wörtern. Was zuvor über die Vier zum Ausdruck gebracht wurde, erscheint nun über die Zahl 7. Die Sieben hebt offensichtlich das Gesetz der Vier in eine neue Dimension. Warum dies zwangsläufig der Fall ist, kann hier nicht erörtert werden. Wer aber neben der zählenden auch die erzählende Seite der Zahlen kennt und darüber hinaus auch die geometrischen Muster der beiden Zahlen vor Augen hat, dem eröffnet ihre Beziehung einen tiefen Blick, der die Würde des Menschen ins Licht hebt und dessen Freiheit beleuchtet.² 

Aber auch ohne das Wissen über Archetypen kann man durch das in Szene gesetzte Spiegelprinzip von Mensch und Gottheit auf das rechte Verhalten des Menschen und seine Herausforderung schließen. Die Gottheit ist vollkommen. Ihr Tag – der Tag der Gottheit – ist der siebte Tag, unser wöchentlicher Feiertag. Die Gottheit aber ist nicht nur vollkommen. Sie ist aktiv und wirksam. Sie nutzt ihren Tag und „hört auf“. Sie „beendet“!³ Hier müssen wir sehr genau hinhören. Die vollkommene Gottheit berichtet vom Ende in Vollkommenheit. Der im Bild der Gottheit erschaffene Mensch ist vollkommen, weil er durch sich selbst das Ende in Vollkommenheit ins Bild setzt. Darin besteht wahre Freiheit – eine Freiheit, welche einmal erkannt, gar nicht eingeschränkt werden kann!

5. Achten und schützen

Jenes Wissen „zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“, heißt der zweite Satz des GG. Das Double „achten“ und „schützen“ ist biblischer Herkunft und bezieht sich auf das vierte Gebot, das vom siebten Tag, dem Sabbat berichtet. In der Bibel finden wir Aufzählung der Zehn Gebote zweimal (Ex 20:8, Dtn 5:12). Das erste Mal wird das 4. Gebot mit dem Wort „beachte“ und das andere Mal mit dem Wort „schütze“ eingeleitet.⁴

Der Mensch, der das Gesetz der Vier und Sieben „beachtet“, der besitzt das höchste Wissen. Mose erkennt ihre Botschaft. Sie vermag ihn vor der Angst vorm Tod zu befreien, und er „schützt“ das Wissen, indem er entsprechend handelt und es umsetzt. In der Konsequenz bewertet er dann das Leben nicht mehr höher als die gewonnene Freiheit. Der Bibelkenner weiß aus den Schlusssätzen der Tora, dass Moses selbst das gelobte Land nicht körperlich betreten hat, wohl aber in vollkommener Freiheit einen Blick darauf werfen konnte.

Die Würde des Menschen erhält vor dem wahren Hintergrund unseres GGs eine andere Dimension. Das geltende, von den Menschen gemachte, unmittelbare Recht muss sich an der archetypischen, hier biblischen Beziehung von Leben und Freiheit messen. Die Weisheit des Alten wie des Neuen Testaments wurzeln in Krisen, in denen die Freiheit einen höheren Stellenwert einnimmt als das nackte (Über)Leben.

3. Der Widerspruch und seine triadische Lösung

Will man das Wesen aller Existenzen verstehen, muss man primär das Wesen des Archetyps der Zwei verstehen. Der nach höherem Bewusstsein strebende Mensch (5) muss lernen, mit ihm angemessen umzugehen. Das verlangt nach einer triadischen Sicht der Dinge, in welcher der Widerspruch von horizontaler und vertikaler Polarität aufgelöst wird. Kurzum: Die Lösung des Problems liegt im Verstehen der Drei-Einheit. Wir erfassen sie vornehmlich in ihrem geometrischen Bild, dem Dreieck.

Wer sich mit Geometrie beschäftigt, der wird mit den Kategorien von Linearität und Dimensionen konfrontiert. Das nötigt ihm nicht nur deren Unterscheidung ab, sondern auch den Prozess der Klärung, in welchem Verhältnis die beiden Kategorien stehen. Nur so kann er die Kenngrößen geometrischer Figuren und ihre Transformationsprozesse erfassen.

Die Kenngröße eines Kreises ist sein Radius, die des Quadrats dessen Fläche und die Kenngröße des gleichseitigen Dreiecks erkennen wir in dessen drei gleiche Höhen. Bildet man die sogenannten Grundfiguren der Geometrie, wie in Abb. 1 geschehen, aufeinander bezogen ab, so erscheinen sie als fortlaufende Zahlen 1 bis 4. Zwischen den formspezifischen Kenngrößen besteht also ein offensichtlicher Zusammenhang und doch können wir diesen nicht gänzlich erfassen.

Abb. 1  Bezieht man Kreis, Quadrat und Dreieck geometrisch aufeinander, so erscheint die lineare Zahlenfolge 1 bis 4. Sie verknüpft analog den Zahlen verschiedene Dimensionen miteinander und lässt sich deshalb inhaltlich nicht einfach zu erfassen.

Obwohl vor unserem Auge die Linearität des Zahlenstrahls erscheint, überblicken wir nicht wirklich die wahren und tieferen Beziehungen der geometrischen Grundfiguren. Unsere Rationalität hinkt der vorliegenden Komplexität nach. Die Differenz ist der Tatsache geschuldet, dass wir glauben, wir würden es beim Anblick der Geometrien mit nur einer Dimension, nämlich mit der der Flächen zu tun haben. In Wirklichkeit handelt es sich bei den Kenngrößen um Zahlen und die „erzählen“ von sich aus von der Existenz unterschiedlicher Dimensionen. Das Quadrat der Fläche 2 wird uns das zeigen. Unser einfaches lineares Verständnis ist unzureichend und verhindert den Blick auf das Ganze. Der entsteht erst mit der zusätzlichen, fünften Qualität, die das hervorbringt, was seit jeher mit „Logos“ bezeichnet wird. Der Logos wiederum nimmt seinen Ausgang bei der richtigen, d.h. bei der die Dimensionen unterscheidenden Einordnung der Zwei.

4. Der Geist der Einheit - das wahrhafte Sein oder die von ihm umschlossene Zweiheit

Will man dem Prinzip der Entwicklung in seiner grundsätzlichen Form nahekommen, muss man den Blick auf die erste und einfachste aller möglichen Formen richten. Das ist der Kreis mit dem Radius 1 – der sogenannte Einheitskreis. Aus ihm heraus entfalten sich die Archetypen. Die erste Frage ist dabei die nach dem Entstehen der Zwei aus der Eins, denn das Hervorgehen eines Zweiten aus einem Ersten ist das Schlüsselereignis und somit das Grundmuster für das Entstehen aller weiteren Archetypen. Diese Schlüsselfrage beantwortet die Geometrie des Einheitskreises auf eindeutige Weise: Der Einheitskreis schließt das Quadrat der Fläche 2 vollkommen ein (s. Abb. 1)! Die Geometrie bestätigt, was die Religionen und Philosophien seit jeher beschreiben. Sie beschreiben, dass die Ursache alles Existierenden (und damit auch das Dasein der Zahl) das Sein an sich ist – die Einheit, Ganzheit und Vollkommenheit. Im Hervortreten der Existenzen aus dem Sein scheint das Sein erst auf. Es wird offenbar. Für die rechte Interpretation alles Existierenden ist deshalb der Bezug zu seinem Ursprung entscheidend.

Aus dem Einheitskreis heraus entfalten sich die fortlaufenden Archetypen und ihre Wesenheiten. Jeder Archetyp macht nach dem Vorbild der Zwei den Geist der Einheit, Ganzheit und Vollkommenheit anschaulich. Der Schlüssel zum Verstehen dieser Entfaltung ist das Verstehen der Polarität (2). Sie ist nicht nur die der Eins folgende lineare Entität, die wir vom Zahlenstrahl her kennen. Die Zwei bringt vielmehr eine neue Dimension hervor, indem sie dem Kreis ihr Wesen als Quadrat „entgegen“ stellt. Entdeckt man das Wesen der Zwei, so entdeckt man, dass der Dimensionsbegriff fraktal zu verstehen ist und bereits jede Zahl von einer anderen Dimension berichtet. Zahlen beschreiben eben nicht nur Größen innerhalb einer Dimension. Sie beschreiben selbst die Dimensionen. Das ist der Schlüssel zum Verstehen der allumfassenden Ordnung, die uns umgibt.

In der Beziehung der Zwei zur Eins finden das Wahre und der Begriff der Wahrhaftigkeit ihren Anfang, denn wahr und wahrhaftig sind Dinge und Subjekte, die ihren Ursprung zur Erscheinung bringen, analog der Zwei, welche über ihr Gespaltensein (1—1) die Einheit offenbart.

5. Zwei Sichtweisen: Mangel versus Fülle

Die Polarität ist das Einzige, das wirklich sicher ist. Nichts existiert ohne sie. Auf sie können wir uns verlassen. Ihr Geheimnis ist das Geheimnis aller Ordnung.

Polarität bedeutet Differenz und Abstand. Durch sie wird Schau im Allgemeinen und die Schau ihrer Fortentwicklung im Besonderen möglich. Erfasst man, dass ihre Ursache die Einheit alias der Einheitskreis (r = 1) ist, so überwindet diese Schau das bedrückende Grundgefühl des “Mangels”. Es entsteht die Schau der „Fülle”. Mangelempfinden ist im biblischen Mythos die Ursache für die in ihm inszenierte Entwicklung des menschlichen Bewusstseins „im Schweiße seines Angesichtes” (Gen 3:19). Sie führt zu Schmerz und Tod.

Hat man jedoch die Botschaft des von der Einheit umschlossenen Archetyps empfangen, erhebt sich die Wegscheide zwischen zwei Sichtweisen. Die eine ist die des Mangels und die andere die der Fülle und des Wachstums. Die Abb. 4 ist der Versuch, sie geometrisch zu erfassen. Sie soll formal darzustellen, was die Mythen der Religionen umschreiben. In der Quintessenz der Mythen geht es darum, die Schau der Fülle zu entwickeln und die von der Ordnung vorgegebenen Muster in der Herausbildung des Bewusstseins nachzuvollziehen. Den Weg dorthin zeichnen die in ganzen Zahlen aufsteigenden Archetypen in Form von zunehmenden Kreisradien nach. Einen Hinweis, dass sich in ihnen wirklich das Grundmuster der Entwicklung verbirgt, liefert der Aufbau des Periodensystems der Elemente (PSE). Es ist das Geburtsregister der Substanzen. Es geht unserem Bewusstsein voran und zeigt im Schalenaufbau der Atome bereits schon die gleiche Folge der Kenngrößen 2-8-18-32 … etc., wie wir sie in der Entwicklung der Kreisradien und ihren eingeschlossenen Quadraten finden. Demnach sind die Substanzen die inneren Strukturen einer Regie führenden Einheit und Ganzheit.

Aus der Ordnung des PSE und der Ordnung der Kreis- und somit Geistesentwicklung in Form von Kreisradien erhebt sich der bewusste Geist. Sein Archetyp ist die Fünf. Die Religionen erzählen, dass der bewusste Geist ein Abbild im Sinne einer Entfaltung der göttlichen Ganzheit ist. Das deckt sich mit dem Phänomen, dass das im Kreis mit dem Radius 5 eingeschlossene Quadrat die Größe 50 aufweist, also eine höhere Dimension seines Ursprungs darstellt. Die linke Seite der o.g. Abbildung hingegen zeigt die Kreisradien < 1 und symbolisiert darin den unterworfenen und gebrochenen Geist, der in der biblischen Erzählung zum Anlass für die Vertreibung aus dem Paradies wird.

Kurzum: Die Wegscheide verlangt die Ausrichtung zur Größe und zum Wachstum, wie der uns beherrschende, allgegenwärtige Zeitpfeil es vorgibt.

6. Das Quadrat der Größe Zwei – die „wahrhaft wirkende“ Form

Jede Form und jede Zahl ist eine solche nur durch die prinzipielle Existenz der Zwei. Jede Form und Zahl drückt wie ihr Vorbild, die Zwei die Einheit aus, obwohl sie zugleich auch ein von ihr Unterschiedenes ist. Aus dieser Sicht ist auch schon die Zahl Eins – wie jede Zahl – ein prinzipiell Zweites.

Geometrisch erfasst man die Einheit, d.h. die relative Gleichheit von Eins und Zwei in der Form eines Kreises, der den Radius 2 hat: Der Kreis ist das Symbol der Einheit und sein Radius ist die Größe, welche die Einheit im Konkreten zur Erscheinung bringt. Den Kreis mit dem Radius 2 nenne ich den Wahrhaftigkeitskreis oder Gleichheitskreis, weil er die Gleichheit alias Einheit von Innen (Fläche) und Außen (Umfang) sichtbar macht (A = U).

Auf die dingbehaftete Form bezogen gilt: Wahrhaft ist ein Seiendes dann, wenn eine (äußere) Form trotz ihrer notwendigen Differenzierung (und jede Form ist eine differenzierte) ihrem Inhalt und Geist entspricht. Der ist einerseits immer ein Abbild der Einheit und andererseits doch immer formspezifisch. Wie sich diese Eigenschaft der „wahrhaften Zwei“ in der zweiten Dimension, der Dimension der Flächen geometrisch darstellt, zeigt in grundsätzlicher Weise der genannte Wahrhaftigkeitskreis, bei dem die Einheit (Gleichheit) von Inhalt und äußerer Form offensichtlich wird. Auch alle allseitig symmetrischen Figuren (Dreieck, Quadrat, Pentagramm usw.), die ihn umgeben und ihn so inhaltlich einschließenden, bringen über ihr Dasein diese Qualität zum Ausdruck und zeigen wie er das Phänomen U = A.

Abb. 2  Alle den Wahrhaftigkeitskreis (r = 2) umschließenden allseitig symmetrischen Figuren zeigen wie er die Gleichheit (Einheit) von Innen und Außen (A = U).

Das Wahrhaftigkeitsprinzip gilt auch in anderen Dimensionen. Dort wirkt der jeweils für die Dimension geltende Parameter. Beispielsweise sind bei der Kugel mit dem Radius 3 ebenso „Innen“ wie „Außen“ gleich, denn ihr Volumen und ihre Oberfläche betragen 113,09… Die Gleichheit betrifft auch alle die Einheitskugel umgebenden allseitig symmetrischen (platonischen) Körper.

Im Wahrhaftigkeitskreis (r = 2) erscheint das Wesen des Einheitskreises, der Geist der Einheit unter dem Aspekt der Polarität (2). Seine figuralen Verhältnisse zeigen, dass im Geist der Zwei (Polarität) in seinem tiefsten Wesen der Geist (Kreis) der Einheit wirkt. Das innere Quadrat des Wahrhaftigkeitskreises ist nun nicht mehr die Zwei sondern die Acht. Der Wahrhaftigkeitskreis führt nicht mehr allein das Wesen der Zwei vor Augen, sondern deren Funktion (3), die Acht (23). Mit anderen Worten: Der Geist der Einheit führt unter dem Aspekt der Polarität zur Acht und diese steht für die Ausrichtung und Orientierung der Polarität. Der Wahrhaftigkeitskreis erzählt davon, dass die Polarität (2) nichts Beliebiges oder Willkürliches ist, sondern die Einheit erstellt.¹ Der sich dessen bewusste Mensch (5) widersetzt sich der Polarität nicht. Auf die ihn ansprechenden Umstände antwortet er in einer der ihr immanenten, wahrhaftigen Weise. Indem er die Einheit anstrebt, übt er Verantwortung. Diese Achtheit und verbindliche Achtsamkeit ist das Merkmal der legendären Heiligen.

7. Die besondere Vermittlerrolle der pythagoreischen Dreiecke

In der Geometrie erfahren wir das Prinzip der Wahrhaftigkeit in der Anschauung der Symmetrie. Sie fasziniert, weil in ihr die Einheit und Gleichheit ins Auge springt. Das Lebendige findet über sie einen Weg zum Empfinden von Harmonie, nach der es letztlich immer strebt. Der Geometer findet die unmittelbare Harmonie vorwiegend in den allseitig symmetrischen Figuren. In ihnen dem sie in der Vielzahl ihrer möglichen Ansichten immer ein und das gleiche Wesen zur Anschauung bringen, verkörpern sie sichtbar das Prinzip der Einheit in der Unterschiedenheit. Auch die Abbildung 4 bedient sich der Symmetrie aus dem gleichen Grunde. Seine Kernaussage gipfelt im Gleichheits- oder Wahrhaftigkeitskreis.

Das menschliche Bewusstsein (5) wird aber nicht nur mit Symmetrien konfrontiert. Es muss den Geist der Einheit auch in der Konfrontation mit den zahlreichen und teils hochgradigen Asymmetrien bewahren, denen es vor allem in dem wesenhaften Gegensatz von Geist und Substanz begegnet. Wie das gelingt und welche Gesetze dabei wirken, davon erzählen die pythagoreischen Dreiecke. Sie übersteigen die Symmetrie der gleichseitigen Dreiecke und konfrontieren den Betrachter bei seiner Suche nach den Gesetzen der Wahrhaftigkeit mit der Asymmetrie. Obwohl die Gesetze ihm beim Anblick des pythagoreischen Dreiecks nicht unmittelbar ins Auge fallen, kann er sie in ihm dennoch erkennen und ihre Prinzipien extrahieren. Sie erfüllen die Funktion eines Verbindungsgliedes zwischen Ordnung und Chaos, denn weiß er doch aus der Ur-Botschaft der Zwei, dass alles Dasein in letzter Konsequenz ein wahrhaftiges ist, auch wenn er es selten unmittelbar als solches erkennt.

Abb. 3  Die beiden pythagoreischen Dreiecke sind asymmetrische Figuren. Das sie den Einheitskreis (r = 1) bzw. den Wahrhaftigkeitskreis (r = 2) umgeben, erweitern sie deren o.g. inhaltlichen Aussagen auch auf die asymmetrisch erscheinende Welt.

Das pythagoreische Dreieck der Seitenlängen 3-4-5 enthält als Kern den Einheitskreis, hat eine asymmetrische Form und enthält zudem die fortlaufenden Zahlen 3, 4, 5 und 6, die für den Geist (3), die Substanz (4), das diese verbindende Bewusstsein (5) sowie die Zahl 6 enthält. Letztere ist das Symbol für die Erfüllung der Polaritäten. Die im Einheitskreis enthaltene und umfasste Polarität (2) erfüllt sich über die Größen 3, 4 und 5 in der neuen Fläche der Größe Sechs/Sex. Das besondere pythagoreische Dreieck vermittelt über die Dimensionen der sechs fortlaufenden Zahlen hinweg die Allgegenwart der Einheit und Ganzheit. Sein Äußeres (Umfang) erzählt davon, denn es bringt über die Zahl 12 die Einheit der Archetypen Eins und Zwei in einem Ganzen zur Erscheinung. Die 12 verrät, dass die Einheit (1) von Unterschiedenem (2) durch die Hierarchie seiner Teile zustande kommt. Sie macht die Addition von scheinbar Ungleichem möglich. Das macht sie zur Zahl der Ordnung. Im Kontext der Herkunft des pythagoreischen Dreiecks der Seitenlängen 3, 4 und 5 erweitert sie die Botschaft der o.g. “wahrhaftigen Figuren” auf die Einheit von Ungleichem. Der Einschluss der Fünfzahl, alias des schauenden Bewusstseins (5) macht die allseits existierende Ordnung nun auch geometrisch anschaulich. Mit diesem pythagoreischen Dreieck wird deutlich, dass die harmonische Ordnung nicht nur in der Symmetrie sondern auch in den Asymmetrie vorhanden ist.

Das besondere Dreieck wirft vor allem ein besonderes Licht auf die Konstitution des Bewusstseins, dessen archetypisches Symbol die Fünfzahl ist. In ihm wird deutlich, dass es sich aus der rechten Verbindung von Geist (3) und Substanz (4) konstituiert. Was unter der rechten Verbindung zu verstehen ist, das hat uns bereits das Wesen der Polarität und ihr Ausdruck in der Vierzahl und dem Quadrat verraten. Nun geht es darum, dieses Gesetz im Bewusstsein ankommen zu lassen und (bewusst) umzusetzen. All die Informationen darüber erhalten wir aus dem pythagoreischen Dreieck der Seitenlängen 3, 4 und 5, das über seinen Umfang „nach Außen“ alias „an seiner sichtbaren Oberfläche“ Ordnung (12) repräsentiert. Dabei handelt es sich um eine Ordnung, in der das Bewusstsein seinen ihm zustehenden Platz findet.

Das pythagoreische Dreieck 3-4-5 ist das erste seiner Art, analog dem Einheitskreis und seiner Entwicklung. Nachdem es uns die grundsätzlichen Beziehungen zur Herausbildung des Bewusstseins gleichnishaft aufzeichnet, kann man es analog der Entwicklung zunehmender Kreisradien ebenso fortentwickeln und die sich weiterhin ergebenden Aspekte des Bewusstseins in Augenschein nehmen. Zu diesem Zwecke bietet sich das pythagoreische Dreieck an, dass den Wahrhaftigkeitskreis (r = 2) umschließt. Es hat die Seitenlängen 5, 12 und 13 und zeigt wie dieser die Gleichheit von Innen und Außen (A = U). Der Wert 30 berichtet von dem hier sichtbar werdenden Geistprinzip (3), das in seiner höheren Dimension (30) erscheint. Worin diese besteht, das erfahren wir über seine Seitenlängen 5, 12 und 13, welche diese bilden. Das Bewusstsein (5) nimmt in diesem zweiten Dreieck die Position ein, die im ersten Dreieck noch der allgemeine, verbindende Geist (3) innehatte. Es verbindet von dort aus nun die Zahl der Ordnung (12) mit der Zahl zu einem Ganzen, welche die Ordnung scheinbar übersteigt, die 13. Das so dargestellte Bewusstsein (5) verfügt nun über die außerordentliche Fähigkeit aus, auch die Dinge zu einen, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Das ist die Kernaussage des PPYTHAGORAS:

Das Gleichnis dessen, der die höchste Vernunft besitzt, ist und kann nur die Fähigkeit sein, die Beziehungen zu erkennen, die auch Dinge einen, die scheinbar keinerlei Verbindungen zueinander haben“ (PYTHAGORAS von Samos).

Abb. 4  Der Geist der Einheit und seine Entfaltung in den Archetypen

Fußnoten

¹ Am fünften der sieben Tage werden ALLE lebendigen Wesen geschaffen: „… Es sollen die Wasser vom Gewimmel lebender Wesen wimmeln und Gefiedertes fliege auf der Erde, auf der Oberfläche der Wölbung der Himmel. Und Gott schuf die großen Seeungeheuer und jedes lebende Wesen, die Kriechenden, von dem die Wasser wimmeln …“ (Gen 1:20f). Das so mit der Zahl Fünf zunächst prinzipiell geschaffene Leben „wimmelt“ nur. In ihm ist das Bewusstsein angelegt, aus dem sich sodann am 6. Tag das höhere und vielseitig orientierte Bewusstsein erhebt, dessen Spitze wiederum der Mensch ist.

² Im hebräischen Originaltext (Gen 1:26f) besteht der erste Satz aus vier Wörtern. Die Vierzahl erzählt vom „Gesetz 1-4“ und somit vom Gesetz aller Gesetze – von der Formel aller Formeln. Die Vier ist das Symbol für die Substanz (4). In ihr kommt es zum fruchtbaren Einklang von Einheit (1) und Zweiheit (2).

Der hebräische Originaltext des Satzes von Gen 1:27 besteht aus sieben Wörtern. Die Siebenzahl erzählt von einer prinzipiellen Vollkommenheit und der ihr immanenten Freiheit. Das aber wird erst deutlich, wenn man das Gesetz der Vier kennt, über das man den Schlüssel erhält, die scheinbar nicht zu vereinbarenden Gegenpole fruchtbringend zu verbinden. Das gleiche Gesetz entfaltet sich in der größeren Dimension, indem in die rationale und berechenbare Welt (4) das Unberechenbare und Jenseitige (7) einbricht. Nur ein reifes Bewusstsein (5) kann diese Gegensätze miteinander verbinden und sich so auch noch von der scheinbaren Willkür einer Gottheit befreien. Ein solches, das Diesseits und das Jenseits überschauendes Bewusstsein erlebt wahre Freiheit.

³ „Und sie wurden vollendet die Himmel und die Erde und all ihr Heer.

Und Gott hatte am siebten Tag sein Werk, das er vollbracht hatte, vollendet.

Und er hörte auf am siebten Tag infolge all seines Werkes, das er vollbracht hatte.

Und Gott segnete den siebten Tag.

Und er heiligte ihn, denn an ihm hörte er auf infolge seines ganzen Auftrags – den Gott (erst) erschaffen hatte – um des ewigen Tuns willen.“ (Gen 2:1-3)

⁴ Der sogenannte Dekalog (10 Gebote) kommt in der Tora zweimal vor. Die erste Ausführung (2. Buch Mose) beschreibt die dargelegten Beziehungen auf möglichst abstrakte Weise. Dort beginnt das vierte Gebot mit den Worten „Gedenke (achte) den Tag des Sabbat, um ihn zu heiligen …“. Die zweite Ausführung (5. Buch Mose) beginnt das vierte Gebot abweichend: „Bewahre (schütze) den Tag des Sabbat, um ihn zu heiligen, so wie JHWH dein Gott dich angewiesen hat …“. Die zweite, nun von Mose auch verschriftlichte Ausführung sorgt dafür, dass man die erkannten Gesetze auch praktisch umsetzen kann. Der äußere Unterschied scheint sehr klein zu sein, hat jedoch eine hohe Bedeutung, da die menschliche Umsetzung notwendig die Möglichkeit eines Missverständnisses birgt. Konkret handelt es sich dabei u.a. um das im 10. Gebot nicht auszuschließende Missverständnis, dass die Frau ein Besitzgut des Mannes sei. Auf das GG übertragen liegt das mögliche Missverständnis des niedergeschriebenen Gesetzes darin, dass die Freiheit dem Recht auf Leben untergeordnet werden könne.

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