Was diese Zahl erzählt:

Was diese Zahl erzählt:

Der Mensch - das zweifach polare Wesen
Die Zahl 390

von Michael Stelzner

1. Die Konstitution des Menschen

Der Mensch ist „männlich und weiblich“ und sein Bewusstsein ist zugleich ausgespannt zwischen Himmel und Erde. Diese doppelte, weil horizontale und vertikale Polarität zugleich, fordert ihn heraus. In ihr aber verbirgt sich auch eine Vollkommenheit, die unter allen lebendigen Wesen in dem Maß nur der Mensch zu erfahren vermag. Ihr Geheimnis liegt im Erfassen der Sprache der Archetypen und innerhalb derer das Erkennen des vollkommenen Wesens der Vierzahl. Aus ihr heraus kann der Mensch sodann seine eigene Konstitution erkennen. Die Zahl Vier ist der Schlüssel, um die Spannung zwischen der Einheit und Ganzheit (1) einerseits und der Zweiheit und Vielheit andererseits als ein vollkommenes, größeres Ganzes zu begreifen.

Der biblische Schöpfungsbericht legt diese Weisheit in einer sehr präzißen Textform nieder. Er gebraucht dazu nicht zufällig einen aus 12 Gliedern bestehenden Satz (Gen 1:27). 12 ist die Zahl der kosmischen Ordnung, in der die scheinbaren Gegesätze, die Einheit (1) und die Zweiheit (2) ein harmonisches Ganzes (12) abbilden.

 

1Ç27 ar’b.YIw: H1254

~yhil{a/ H430

~d’a’h‘-ta, H120 H853

Aml.c;B. H6754

~l,c,B H6754.

~yhil{a/ H430

ar’B‘ H1254

Atao H853

Und-es-schuf

Elohim

**─den-Menschen

in-seinem-Bild,

im-Bilde

Elohim

er-schuf

IHN.

6-10-2-200-1

1-30-5-10-40

1-4005-1-4-40

2-90-30-40-6

2-90-30-40

1-30-5-10-40

2-200-1

1-400-6

219

86

451

168

162

86

203

407

                           (1)             

               (2)             

                        (3)             

                 (4)             

             (5)             

               (6)             

          (7)             

        (8)             

 

rk’z“ H2145

hb’qen>W H5347

ar’B‘ H1254

~t’ao H853

Männlich

und-weiblich

er-schuf

SIE.

7-20-200

6-50-100-2-5

2-200-1

1-400-40.

227 + 163 = 390

203

441

          (9)             

                   (10)            

         (11)            

         (12)            

 

Nach dem metaphorischen Bild schuf die Gottheit die Einheit von dem Einen und dem Vielen, von Singular (siehe „IHN“) und Plural (siehe „SIE“). Trotz der Einheit des Menschen mit der kosmischen Ordnung war der Mensch auf der substanziellen Ebene seiner Existenz getrennt in „männlich und weiblich“. Der Mensch existiert zwischen zwei Gegensatzpaaren, zwischen dem vertikalen von Himmel und Erde und dem horizontalen von männlich und weiblich. Das ist sein „Kreuz“, das er trägt. Die Erlösung von ihm besteht in seiner Idendifikation mit dessen zweifachen Mittelpunkt, der die ausgespannte Vierheit bewusst als ein Ganzes erschaut und zusammenhält.

Der biblische Text führt im sogenannten Schöpfungsbericht diese Vierheit bis zur Erschaffung des Menschen, der sie sodann erschauen kann, systematisch aus. Von der ersten Spannung, welche in die beschriebene, zweifache Spannung des sechsten Tages mündet, erfährt der Leser bereits im Text vom zweiten Schöpfungstag. Dem zweiten Schöpfungstag fehlt etwas. Ihm fehlt die sogenannte Huldigungsformel „Und siehe, es war (sehr) gut“. Dort in Gen 1:6 spricht die Gottheit „Es-soll-sein (10-5-10) (eine) Feste (in der) Mitte der Wasser“, welche die Wasser oben und unten voneinander trennt. Der bedeutungsvollen Trennung folgt ein Satz mit vier Wörtern, durch den die Gottheit die Feste benennt. Er nennt sie „Himmel“:

 

1Ç8 ar’q.YIw: H7121

~yhil{a/ H430

[;yqir’l‘ H7549

~yIm’v‘ H8064

Und-es-rief

Elohim

zu-d.-Feste

Himmel.

6-10-100-200-1

1-30-5-10-40

30-200-100-10-70

300-40-10-40

317

86

410

390

                         (1)             

              (2)             

                    (3)             

              (4)             

 

Die Trennung und Benennung durch die Gottheit ist von höchster Bedeutung, denn sie ist das Muster für die am 6. Schöpfungstag folgende Erschaffung des Menschen. Der im Bilde der Gottheit erschaffene Mensch muss nach seiner Erschaffung das von ihm Erschaute notwendig auch selbst benennen. Das bedeutet, dass er herausgefordert ist – der Gottheit gleich – sein Gegenüber – im Anblick der Vier – zu benennen. Die göttliche Trennung der Wasser, die ihrer Natur nach trotz Trennung eines bleiben, wiederholt sich in der Schöpfung des Menschen, der zugleich „männlich und weiblich“ ist. Das dies so gemeint ist und der Zusammenhang der Tage 2 und 6 bewusst erstellt wird, zeigen die verwendeten Begriffe, die das Trennende bezeichnen. Am 2. Schöpfungstag ruft die Gottheit zu der Feste „Himmel“ (300-40-10-40) und am 6. Schöpfungstag wird das Trennende mit „männlich und weiblich“ (7-20-200  6-50-100-2-5) bezeichnet. Beide Bezeichnungen eint die Zahl. Die Wortsumme beider Begriffe ist 390.

Der Mensch ist demnach ausgespannt „zwischen den Wassern“ alias zwischen Himmel und Erde. Damit einher geht sein besonderes Bewusstsein, das ihn von den anderen lebenden Wesen, vornehmlich den nur nach unten schauenden Erdtieren unterscheidet. Allein der Mensch nimmt diese Spannung wahr und nur er kann und muss sie für seine Bewusstseinsentwicklung nutzen. Weil er über dieses Potential verfügt, schließt der Text, der die Schöpfung des Menschen beschreibt mit der erweiterten Huldigungsformel „Und siehe es war sehr gut“ (Gen 1:31). Die Erhebung der Huldigungsformel befreit den zweiten Schöpfungstag von seinem scheinbaren (Ver)Fehlen.

Der zweite und der sechste Schöpfungstag stehen in einem inhaltlichen Spiegelverhältnis. Die arabische Schreibweise der Zahlen macht das noch deutlich. Dort ist die Sechs das Spiegelbild der Zwei. Schreibt man die 2 und die 6 nebeneinander wird das deutlich. Die kleine Abweichungen in der Schreibform sind Folge der Federzeichnung, die nacht rechts führend ein anderes Schriftbild hinterlässt als die gleiche Federführung nach links. Idealisiert man die zwei Zahlen jedoch, wird ihre Spiegelbildlichkeit offensichtlich.

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Bild 1
Bild 2

Abb. 2|6  Die Spiegelbildlichkeit der arabischen Zahlzeichen für 2 und 6, rechts schematisiert.

Das Wissen um das Wesen der Sechs und sein Wirken im Menschen führen zum Erschließen dessen, was er selbst zeugt und manifestiert und was im letzten und höchsten Symbol seinen Niederschlag findet. Das ist die Zahl Sieben. Sie ist direkt der Gottheit zugeordnet. Die Sieben wird zum Scheitel des Denkens. Sie verrät alles über das Verhältnis des Menschen zur Gottheit und birgt das Potential, den Menschen endgültig aus dem von ihm selbst gezeugten Zwängen zu befreien.

2. Die Zahl 390

Wenn der Schöpfungstext mit dem zweiten Tag dem Leser verrät, dass „der Himmel“ kein Solitär ist und es grundsätzlich um „die Himmel“ geht, wie auch der Gottesbegriff ELOHIM kein Singular ist, sondern ein Plural und „die Götter“ bedeutet, steht er nicht mehr dem erhofften EINEN gegenüber steht sondern einer Pluralität. Der Mensch muss umdenken. Der vertikale Gegensatz von Mensch und Gottheit lässt es nicht mehr zu, das Eine im „Oben“ und „Außen“ zu verorten. Der Singular wird dem „Unten“, „der Erde“ zugerechnet, so wie es das eine Subjekt ist, welches nach oben schaut und „die Himmel“ und „die Götter“ erblickt. Im neuen Blick auf die Polarität findet das EINE sich im „Unten“ und „Innen“ – im Menschen selbst!

Die Umkehr zur eigentlichen Ordnung verbirgt sich in der Zahl 390, die sowohl die Pluralität „der Himmel“ als auch die des Menschen in „männlich und weiblich“ umfasst. Die Qualität der Zahl kann man auf verschiedene Weise erschließen. Die erste und unmittelbare geht über ihre Summenbildung (3+9+0 = 12), die zur Zahl 12, zur Zahl der Ordnung führt. Die Botschaft, dass die Himmel und die Aufspaltung in „männlich und weiblich“ nicht wirklich tragisch ist, sondern eine Ordnung abbildet, die wohlwollender und fruchtbarer Natur ist, beruhigt und ist in der Regel Allgemeingut.

Eine andere Möglichkeit auf die Qualität der 390 zu schauen, ist das Produkt 30 x 31 aus dem man sie bilden kann. Das macht der biblische Text. Er greift die Faktoren 30 und 31 in den verschiedenen Geschlechterfolgen (Toledot) wiederholt auf und erschließt über ihren Kontext den Weg des Erkennens der wahren Polarität. Nachdem die Zahl 390 in der Sieben-Tage- Erzählung vorgestellt ist, wirft er einen stets neuen Blick auf sie.

Die erste Toledot ist die von „den Himmeln & der Erde“ (Gen 2:4 – 4:26). Unter der Vorgabe der Archetypen der Sieben-Tage-Erzählung und der Botschaft der 390, dass die dem Menschen innewohnende Polarität endlich als Einheit und Ganzheit zu betrachten ist, berichtet die erste Toledot von den dennoch vorhandenen Auswirkungen und Folgen der allgegenwärtigen Polarität. Bekanntermaßen endet sie im Bruderzwist KAIN-ABEL. Die Konfrontation mit dem Tod, seiner Gewalt und die zwielichtige Rolle der Gottheit wirft den Leser auf sich zurück und dynamisiert ihn. Auf der Suche nach Ordnung (12) und Antworten auf das, was über diese vorgestellte Ordnung hinausgeht und durch die Zahl 13 dargestellt wird, muss er eine neue Dimension erschließen, in der nicht mehr das Linearelogische das Maßgebende ist. Geometrisch lässt sich der Zustand im Bild des Dreiecks erfassen, das gleichnishaft zeigt, wie aus einer Dimension heraus eine neue und weitergehende entsteht. Das Verweilen im Linienhaften versus das Hervortreten der Fläche aus der Linie erblickt man in den Zahlsymbolen 12 und der13. Während die 12 das Symbol für die vertraute Ordnung in der regierenden Dimension ist, symbolisiert die 13 das ihr Entgegentretende. Zugleich verlangt sie von dem, dem sie erscheint, eine neue und höhere Dimension anzuerkennen.

Abb.:  Das Dreieck zeigt, wie aus eindimensionalen Linien die zweidimensionale Fläche entsteht und das Prinzip der vorangehenden Ordnung (12) das über sie Hinausgehende (13) erschließt.

Am Ende der ersten Toledot und ihrer Tragödie finden wir die Aufzählung der über KAIN laufenden Geschlechterfolge ADAMs. Sie enthält 13 Namen, einschließlich der Namen der drei Frauen ADA, ZILLA und NAAMA.¹ Dass die Zahl 13 die dramtische erste Toledot kennzeichnet, könnte man mit zwei sich ergänzenden Vorurteilen erklären, das über die 13 und das vom Versagen KAINs. Doch auch die zweite Toledot, welche die Geschlechterfolge ADAMs über SET erzählt, nennt ausdrücklich 13 Namen. Das lässt die Herrschaft einer vermeintlich bösen 13 nicht mehr zu, denn für das Erscheinen des SET als Ersatz für ABEL hat die Gottheit ELOHIM der Frau ADAMs selbst „den Samen gesetzt“. Mit anderen Worten: Auch das andere, das göttliche Tun verlangt, die Zahl 13 unter dem Aspekt einer höheren Ordnung zu betrachten. Der aufmerksame Leser muss die Zahl 13 in das höhere Ganze „einordnen“.

Die Urthematik der Polarität lässt sich spätestens mit der zweiten Toledot nicht mehr auf die Linearität und auf eine Dimension beschränken. Die neu erkannte Polarität ist die Polarität von Ordnung (12) einerseits und das, was über diese Ordnung hinausgeht andererseits – die 13.

Während die 1. Toledot das Andere, das die gewohnte Ordnung übersteigt und unberechenbar ist, in der Erzählung von LAMECH noch über die Zahl 7 ins Bild setzt (siehe 7, 77 und 777), greift die 2. Toledot die über die Polarität erscheinende Unberechenbarkeit in Form ganz konkreter Zahlen auf. Die zweite Toledot nennt erstmals die Alter in denen die Subjekte zeugen und darüber hinaus deren Gesamtlebenszeiten. So zeugt ADAM im Alter von 130 Jahren den SET und lebt insgesamt 930 Jahre. Das „Muster 13“, seine Botschaft und die größeren Zusammenhänge lassen sich in der neuen Dimension vom Leser nicht mehr allein durch eine lineare und rechnende Logik erfassen. Er muss die Wirkung der Polarität vielmehr aus einem anderen und höheren Blickwinkel erfassen.² Im Falle des zuvor erklärten Wesens der Zahl 13 und der nun erwähnten Lebenszeit ADAMs von 930 Jahren (930 = 30 x 31) eröffnet sich der Sinn der Zahlen über deren polare Umkehr. Wurde die erste wahrnehmbare Polarität von „männlich & weiblich“, die trotz ihrer Zweiheit eine Einheit abbildet, über die Zahl 390 (13 x 30) kommuniziert, so wird sie nun im Geschlecht des ADAM mit dem gleichen Terminus aufgegriffen und um sein Zeugungsalter (130 Jahre) und sein Lebensalter (930) ergänzt. Bei den Zahlen fällt nicht nur die 130 als höhere Dimension der 13 auf. Die einst die Ur-Polarität abbildende 390 (13 x 30) wird zur 930 (31 x 30) und die 13 zur 31.

Der herkömmliche, rationale Erfassungsrahmen wird mit der zweiten Toledot gesprengt. Das ersieht man auch an der Anzahl der hebräischen Wörter, mit der die Schöpfungsakte erzählt werden. Die Sieben-Tage-Erzählung gebraucht 12 Wörter. Der die zweite Toledot eröffnende zweite Schöpfungsbericht des ADAM hingegen gebraucht 22 Wörter. Während die Zahl 12 noch deutlich auf die Ordnung der Dinge hinweist, muss man bei den 22 Wörtern des zweiten Berichts bereits Kenntnis darüber haben, dass das hebräische Alphabet das Alphabet der Ordnung ist und aus 22 Buchstaben besteht.

 

5:1f  Dies

d.-Aufzählung

d.-Zeugungen

Adams

an-dem-Tag

d.-Erschaffens

Elohim

Adam

im-Ebenbild

7-5

60-80-200

400-6-30-4-400

1-4-40

2-10-6-40

2-200-1

1-30-5-10-40

1-4-40

2-4-40-6-400

12

340

840

45

58

203

86

45

452

(1)       

(2)       

(3)       

(4)       

(5)       

(6)       

(7)       

(8)       

(9)       

 

Elohims

er-machte

IHN.

 Männlich

und-weiblich

er-schuf-SIE.

Und-er-segnete

sie.

1-30-5-10-40

70-300-5

1-400-6.

7-20-200

6-50-100-2-5

2-200-1-40

6-10-2-200-20

1-400-40

86

375

407

227 + 163 = 390

243

238

441

(10)    

(11)    

(12)    

(13)    

(14)    

(15)    

(16)    

(17)    

 

Und-er-nannte

**-Namen-ihre

Mensch

an-d.-Tag

ihres-Erschaffenwerdens.

6-10-100-200-1

1-400_300-40-40

1-4-40

2-10-6-40

5-2-200-1-40.

317

401+380=781

45

58

248

(18)    

(19)    

(20)    

(21)    

(22)    

 

Gemeinsam ist der Zahl 390 (30 x 13) der ersten Toledot und der Zahl 930 (30 x 31) der zweiten Toledot neben ihrer gegenseitigen Umkehrung der Zahlenwert 30. Das ist der Zahlenwert des Lamed (l), des 12. hebräischen Buchstabens mit der Bedeutung von „Ochsenstachel“. Ein Ochsenstachel ist ein Herrschaftsinstrument mit dem man die Erdkräfte, die Ochsen antreibt. Die aus einer höheren Dimension kommende Richtungsweisung wird aus der Erd- und Ochsenperspektive nicht durchschaut. Wohl aber müssen ihr die Ochsen folgen.

Alle Erzählungen und Geschlechterfolgen erzählen von dieser Richtungsweisung. Die Toledot drei (NOAH und die Sintflut) und fünf (die Sippen und der Turmbau) illustrieren das über Bilder des Erhebens. NOAH erhebt sich über die Wasser der Urfluten und die Sippen der Söhne NOAHs über die Ebene. Die Toledot 1, 2, 4 und 6 greifen zudem auf die Zahlensprache der Geschlechterlisten zurück und die siebte Toledot (TERACH und der Weg ABRAMs) vereint beide Formen des Er-Zählens.

Die vierte Toledot (die Söhne NOAHs) greift das Erheben der Subjekte über die drei bereits über die Fluten erhobenen und nun vor besonderen, mehrdimensionalen Herausforderungen stehenden Söhne NOAHs, JAFET, HAM und SEM auf (3à30) auf. Die Geschlechterfolge der SEMiten, aus der später die Erzväter ABRAHAM, ISAAK und JAKOB hervorgehen werden, haben dabei ein besonders Gewicht. Sie wird maßgebend von der Zahl 13 geprägt. Die Nachkommen SEMs bestehen aus 26 (2 x 13) Geschlechtern. Selbst die Summen der Namen der ersten 13 Geschlechter (3588 = 276 x 13) und auch die der zweiten 13 Geschlechter, der des JOKTAN bilden ein Vielfaches von 13 (2756 =212 x 13). Es ist dieser JOKTAN, der 13. Nachkomme SEMs, welcher in der 4. Toledot dessen Genealogie mit wiederum 13 Nachkommen fortführt. Sein Bruder PELEG ist der Zwölfte in der vierten Toledot. Seine Geschlechterfolge „fehlt“ dort. Die sechste Toledot ergänzt sie und zeichnet ein neues Bild vom Ganzen, das erst dadurch ein Ganzes wird, weil die Sechs das scheinbar (Ver)Fehlende einschließt. PELEG und die von ihm neu erschaute Ordnung wird zur Basis der semitischen Genealogie.

Das Wirk- und Zeugungsmuster der 6. Toledot ist das der 30. Ihre Richtungsweisung prägt die Geschlechterlinie des SEM. Die Väter ihres dritten, fünften und siebten Geschlechts, SCHELACH, SERUG und auch PELEG zeugen jeweils im Alter von 30 Jahren. Am Ende der 6. Toledot steht jedoch TERACH. Er zeugt mit 70³ Jahren ABRAM, NAHOR und HARAN. Er zeugt sie vor dem Hintergrund der 70, dem Zahlenwert des 16. hebräischen Buchstabens. Das „Ajin“ (o) bedeutet das „überschauende Auge“. TERACH zeugt, indem sich seinem Auge das Wesen der Sieben, das der göttlichen „Waffe“ (7 / z) auftut, er das ganzheitliche Wirken des Schicksals erkennt und das Unvorhersehbare als etwas Positives zu deuten vermag. Sein Name symbolisiert das erwachte und handelnde Bewusstsein. TERACH begründet das Wesen der siebten Toledot und wird zurecht zu deren Namensgeber, obwohl die Toledot die gewichtigen ABRAHAM-Erzählungen enthält.

Noch in der 6. Toledot fällt SCHELACH (300-30-8), der Träger des 3. semitischen Geschlechts bzw. des 2. Geschlechts nach SEM auf. Dort ist er der Einzige, dessen Namen zur 13 führt. Die Summe der Zahlen seines Namens ist ein Vielfaches von 13  (300-30-8, S 338 = 26 x 13 = 2 x 132). Auch zeugt SCHELACH seinen Sohn EBER mit 30 Jahren und lebt danach noch 403 Jahre. Das sind 31 x 13 Jahre. Mit diesem Produkt und dessen Vermögen schließt sich der Kreis von der sechsten Toledot zur zweiten Toledot (siehe die Spiegelbildlichkeit 2|6). Die Zahl 13 und ihre Umkehrung zur 31 war schon wesentlich in der 2. Toledot in den Lebensdaten von ADAM (s.o.: zeugt mit 130 und lebt 930 Jahre, d.h. 31 x 30 Jahre), um die höherdimensionale Ordnung zu erkennen. In der sechsten Toledot und deren zweiten Geschlecht nach SEM stellt die 13 wieder eine unerwartete Verbindung her. In der Rückschau fällt nämlich auf, dass auch ARPACHSCHAD, der Vater SCHELACHs nach dessen Zeugung ebenfalls noch 403 (31 x 13) Jahre lebt. Das erste und das zweite Geschlecht nach SEM (alias das 2. und das 3. semitische Geschlecht) erzählen von Einheit und Ganzheit trotz und gerade wegen der Umkehrung. Mit anderen Worten: Die Zahlengleichheit durch das Produkt 31 x 13 erzählt von einer nun wiederum höheren Dimension der Ganzheit, von der sodann das Geschlecht des TERACH berichtet und das den spannenden Lebensweg des Erzvaters der Religion ABRAHAM enthält.

Das zu ABRAM führende Geflecht der Zahlen ist kompliziert und nährt den Verdacht, des Zufalls. Dass die Zahlen jedoch kein Zufall sind, das zeigt allein ihre Existenz. Die sechste Toledot bekräftigt das noch einmal über die Summe aller ihrer Zeugungsalter. Sie beträgt 390 Jahre (30 x 13) und schließt damit den Kreis zur ganz am Anfang stehenden 7-Tage-Erzählung, in der die 390 schon die Zahl ist, welche die Zeugung des Menschen im Bilde der Gottheit die Polarität mit dem Terminus »männlich & weiblich« als Einheit vorstellt (Gen 1:27).

2. Die Zahl 390 und der Prophet Ezechiel

Die Weisheit um das Wesen der Polarität (s. männlich – weiblich / Himmel – Erde / Mensch – Gottheit) und um die Bedeutung Zahl 390 sowie um die Funktion der Sieben sind der Schlüssel für die Befreiung des Menschen aus seiner vermeintlichen Gefangenschaft in der Substanz. Die Weisheit zieht sich durch die ganze heilige Schrift bis zu den sogenannten „hinteren Propheten“, unter denen Hesechiel die 390 ausdrücklich nennt.⁴ Da ihre Deutung nur mit dem Wissen um die Archetypen möglich ist, ist es der Mischna zufolge nach jüdischer Überlieferung strengstens verboten, das Buch Ezechiel zu lehren, wenn der Schüler nicht selbst schon über die höhere Weisheit verfügt.

Der Prophet Hesekiel war bei seiner Berufung 30 Jahre alt, als sich ihm die Himmel öffneten und er die Gesichte Gottes erblickte:

Und es geschah im 30. Jahr, im 4. <Monat>, am 5. des Monats; als ich mitten unter den Weggeführten am Fluß Kebar <das Fließen des Seins / 3> war, da öffneten sich die Himmel, und ich sah Gesichte Gottes“ (Hes 1,1).

Das Brisante der Erzählung liegt in der Befreiung des Propheten, denn was ihm geschah, das geschah aus ihm heraus. Die von ihm genannte Zahlenfolge 30-4-5 verbirgt das Wort „gebären“. Vor dieser Neugeburt war er ein Gefangener und er war ein „Stummer“, denn er musste auf Gottegeheiß immer wieder schweigen, insgesamt 10 Jahre lang. Dann fand ein Ebenenwechsel statt. Im Augenblick als die Botschaft kam, dass Jerusalem zerstört war, spricht er wieder. Bis dahin muss er sich mit der vermeintlich unheilvollen Einseitigkeit einer festschreibenden Zweiheit auseinandersetzen:

Ez 4,5 Und ich (die Gottheit) setze für dich fest: So viele Jahre, wie die Schuld des Hauses Israel dauert, so viele Tage sollst du ihre Schuld tragen: 390 Tage.

 In seiner Schräglage und Kränkung musste der Prophet das „Wesen der Welt essen“ (in sich aufnehmen), bis er erwacht und sieht, dass die Sechs der Welt von der Einheit und Ganzheit umfasst wird. Die „sechs Gerichte in einem Gefäß“ bergen eine von ihm noch nicht erschlossene, geistige Nahrung:

Du, nimm dir Weizen, Gerste, Bohnen, Linsen, Hirse und Dinkel; tu sie zusammen in ein Gefäß, und mach dir Brot daraus! Solange du auf der Seite liegst, 390 Tage lang, sollst du davon essen (Ez 4,9).

Was Ezechiel endlich erschaute, das war die „Mitte allen Daseins“ – die Vierzahl und ihre fraktale Gestalt. Der Prophet erschaute vier lebende Wesen von denen alle wiederum vier Gesichter hatten in Gestalt des Menschen, des Löwen, des Stiers und des Adlers. Der Mensch aber ist das erste und zugleich das fünfte, das die Vierheit erschaut. In dieser Vollkommenheit des Seins kann und muss das einst heilige Jerusalem zerstört werden, damit ein neues erscheinen kann, in das der Thron der Regierung Gottes zurückkehrt.

Der Umfang der Stadt beträgt 18000. Und der Name der Stadt ist von dem Tag an »JHWH ist daselbst«“ (Ez 48:35). Die Zahl 18 schließt den Kreis des Daseins, analog der Flussform der Zahlen, in welcher die 18 die höchste Position in der Welt von Sechs einnimmt, bevor mit der 19 das siebte Dreieck beginnt, das den höheren Geist eröffnet. Auf sie verweist die Dimension der Tausend.⁵

Im Augenblick des Wissens um diese fruchtbringende Polarität zwischen Mensch und Gottheit in Form des Schicksals herrscht »JHWH daselbst«. Es herrscht das JHWH-Prinzip (10 = 5+5), das stets das Subjekt mit seinem Gegensubjekt in Verbindung bringt. Der so auf sich selbst zurückgeworfene Mensch wird von dem sich selbst fortschreibenden substantiellen Fluch der Linearität befreit:

Das Wort JHWHs erging an mich: Wie kommt ihr dazu, im Land Israel das Sprichwort zu gebrauchen: Die Väter essen saure Trauben, und den Söhnen werden die Zähne stumpf? So wahr ich lebe – Spruch Gottes, des Herrn -, keiner von euch in Israel soll mehr dieses Sprichwort gebrauchen. Alle Seelen sind mein Eigentum, das Leben des Vaters ebenso wie das Leben des Sohnes, sie gehören mir. Nur wer sündigt, soll sterben.“ (Ez 18,1ff)

Der Begriff der Seele artikuliert die Existenz eines „Einzelwesens“. Das kann je nach Blickrichtung ein Abgespaltenes und Vereinzeltes oder ein „Individuum“ sein, das die Einheit und Ganzheit erschaut und zur eigenverantwortlichen Selbstdeutung kommt. Das Werkzeug dazu liefern die Zahlenarchetypen, wie sie das hebräische Alphabet vorstellt. Der biblische Text „erzählt“, dass Ezechiel nach seinem Erwachen – seiner Berufung – 22 Jahre als Prophet wirkte, soviel Jahre, wie das hebräische Alphabet Buchstaben hat.

Fußnoten

¹ Auf die Zahl 13 kommt man auf zweierlei Weise. Sie ergibt sich zum einen, wenn man im Text der Toledot nur die Namen zählt, welch wirklich an der Geschlechterfolge des ADAM über KAIN beteiligt sind. Dazu zählen auch die ausdrücklich genannten drei Namen der Frauen ADA, ZILLE und NAAMA, nicht aber ABEL, SET oder ENOSCH. Zum anderen kommt man auch auf die Zahl 13, wenn man alle in der ersten Toledot genannten männlichen Namen zählt.

² Das bewusst Subjekt entwickelt zu der von ihm erlebten Ordnung ein rechtes Verhältnis (rechter Winkel). Doch erlebt das Subjekt die größere Dimension im Einbrechen der 13 und den dadurch ausgelösten Erscheinungen eines Größeren (30). Das Gleichnis vom Dreieck und seiner Fortentwicklung bildet das ab:

Das Gleichnis vom Dreieck und seiner Fortentwicklung

((A)) Das Dreieck zeigt an, wie aus dem Prinzip des Erhebens (3) eine neue Dimension entsteht. Die Zahl 12 symbolisiert die Ordnung, aber auch das Verharren in ihr. Die Zahl 13 symbolisiert ihren Gegenpart, das Erheben aus der bis dahin erlebten Ordnung.

((B)) Das allgemeine Dreieck ist ein Symbol für die Vereinigung des Wertes der Einheit (1) und des der Zweiheit (2). Aus ihr heraus manifestiert sich die Greifbarkeit der Drei als konkrete Größe (H = 3). Jene Dreieckfigur ist ein Symbol für die sich aus der Linie heraus erhebende und sodann einen Kreis bildende Schlange. Durch sie wird die neue Dimension geboren.

((C )) In jedem Dreieck scheint prinzipiell ein nach Einheit strebende Spannungsverhältnis auf. Das gilt auch für das gleichseitige Dreieck, das einen sehr harmonischen Eindruck hinterlässt. Der Mensch, das bewusste Subjekt (5) nimmt die Spannung und das Ungleichgewicht aber wahr, denn er erschaut die Verschiedenheit von Substanz (4) und Geist (3), die ihn ausmacht und mit der er auf verbindende und verbindliche Weise fertig werden muss. Das pythagoreische Dreieck „erzählt“ von der Konstitution des Menschen (5).

((D)) Wenn das Subjekt (5) mit Hilfe des pythagoreischen Dreiecks den Einheitskreis in der Mitte seiner Existenz erschaut, dann begreift er, dass er auch die Spannung von Ordnung (12) und dem, was über sie hinausgeht (13) als Ganzheit verstehen kann. Diese neue Dimension kann man über die Zahl 30 erfassen. Sie ist der Zahlenwert des 12. hebräischen Buchstabens. Sein Symbol ist der Ochsenstachel. Das Subjekt, welches das unberechenbare Jenseitige (7) und das in die Ordnung (12) Einbrechende (13) als sein eigenes Produkt begreift, der wird mit der Gottheit eines, denn er verwirklicht die Formel „Wie innen, so Außen“ (U = A).

³ 70 ist der Zahlenwert des 16. hebräischen Buchstaben. Das „Ajin“ bedeutet das „überschauende Auge“. TERACH zeugt, indem sich seinem Auge das Wesen der Sieben, das der göttlichen „Waffe (7)“ auftut, er das ganzheitliche Wirken des Schicksals erkennt und das Unvorhersehbare als etwas Positives zu deuten vermag. Sein Name symbolisiert das erwachte und handelnde Bewusstsein.

⁴ Zu den sogenannten „hinteren Propheten“ gehören Jesaja, Jeremia, Hesekiel und die 12 kleinen Propheten.

⁵ Bei der der Beschreibung der 18 und der 19 geht es vor allem um die Grenze zwischen den beiden. Die eine Zahl erklärt sich durch die andere – wie ADAM und EVA. An der Grenze zwischen Geist und Substanz (18-19) stellt sich die Frage nach dem Jenseitigen und der Gottheit auf völlig neue Weise. Das Buch Genesis legt dazu die Grundlage. Das Buch Ester (nicht zu verwechseln mit dem Buch Esra) bringt das dort Vorgestellte auf einen letzten Punkt. Es ist nach jüdischer Zählung das 19. Buch im Kanon der jüdischen Bibel (s. TaNaCH). Ester überwindet die linear-logische Bindung an das Dingliche. Sie setzt ihr Leben ein, um das jüdische Volk zu retten. Es ist das einzige Buch der jüdischen Bibel, in dem nicht ein einziges Mal JHWH oder das Wort Elohim (Gottheit) vorkommt.

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