Die Null (0), das Unendliche (∞) und der Tod in der Ordnung (1 2 3…) der Dinge
Die Null (0), das Unendliche (∞) und der Tod in der Ordnung (1 2 3…) der Dinge von Michael Stelzner Inhaltsverzeichnis 1. Das Phänomen des
Das dreimalige Verleugnen von Jesus durch Petrus – der Ärger
von Michael Stelzner
Unmittelbar nach dem Abendmahl kündigt Jesu seinen Jüngern an, dass sie ihn noch „bevor der Hahn kräht“, 3mal verleugnen werden. Der Vorgang hat zwei tragische Seiten. Zum einen beschreibt er vorwegnehmend die absolute Einsamkeit die Jesus in seinem Bewusstseinsprozess erfahren wird. Zum anderen zeigt der Vorgang in der Gestalt des Petrus die Folgen auf, die aus einem konkreten Dasein und seinem stets unreifen Bewusstsein erwachsen. Die guten Absichten des Subjekts werden von der Wirklichkeit unterlaufen. Was das Subjekt will, das unterscheidet sich von der von der Einheit geprägten Wirklichkeit. Sie ist eine andere als die, welche sich das Subjekt vorstellt. Beide Welten fallen auseinander. Die Zweiheit aber tut ihren unwiderruflichen Dienst und führt das Subjekt in den Ärger.
Tatsächlich berichten Matthäus und Markus, dass Jesus seinen Jüngern noch am Abend nach dem Abendmahl prophezeit, dass sie sich „ärgern“ werden, weil der Hirte geschlagen und von seiner Herde getrennt werden wird (Mt 26:31; Mk 14:27). Diesen Ärger bestreiten die Jünger, allen voran Petrus.¹ Doch es wird so kommen, denn die Zweiheit und der aufkommende Zwist fordern ihren Tribut. Der trennenden Zwei folgt unaufhaltsam die Dynamik der Drei. In diesem Fall ist es der Ärger der Jünger. Er beruht auf der Ablehnung gegenüber dem, was kommen wird. Ablehnung bedeutet trennen und das Trennen erzeugt Schmerz. Petrus lehnt die bevorstehende und notwendige Trennung ab und handelt in seiner Ablehnung so, wie er selbst nicht handeln wollte. Der Zwiespalt im Außen wird zum Zwiespalt in seinem Inneren und in seinen Handlungen. Am Ende weint er bitterlich über sein eigenes, verleugnendes Verhalten gegenüber Jesus. Petrus leidet unter seiner eigenen Verhaftung in den Dingen. Was er getan hat, ist das Tribut seiner Befangenheit in seiner konkreten Lebenssituation (Mt 26:75; Mk 14:72; Lk 22:62).
Jesus kennt den Preis der subjektiven Lebenswirklichkeiten. Die Ablehnung der Lebenswirklichkeit zieht das Verleugnen nach sich. Matthäus, Markus und Lukas benennen das in den nachfolgenden Worten Jesu. Die Vorhersagen haben sowohl in ihrer Struktur als auch in ihren Beziehungen zu den drei voneinander unterschiedenen Evangelisten einen Archetypencharakter:
(I) Mt 26,34: Wahrlich, ich sage dir, dass du in dieser Nacht, ehe der Hahn kräht,
mich 3mal verleugnen wirst.
(II) Mk 14,30: Wahrlich, ich sage dir, dass du heute, in dieser Nacht, ehe der Hahn
2mal (!) kräht, mich 3mal verleugnen wirst.
(III) Lk 22,34: Ich sage dir, Petrus, der Hahn wird heute nicht krähen,
ehe du 3mal geleugnet hast, dass du mich kennst.
Die von den Evangelisten wiedergegebenen Wortlaute Jesu unterscheiden sich scheinbar nur geringfügig, reflektieren aber jeweils die archetypische Position des Evangelisten. So berichtet Markus, der zweite unter ihnen beispielsweise von einem zweimaligen Krähen des Hahnes und Lukas verneint (2) dessen Funktion (3), bis die voraussetzende Verleugnung stattgefunden hat. Auch unterscheiden sich die Berichte bezüglich der Personen, gegenüber die drei Verleugnungen stattfinden. Bei dem ersten, Matthäus sind es (1) „eine Magd, (2) „eine andere Magd“ und (3) „die Umstehenden“. Bei dem zweiten, Markus sind die bei Matthäus noch unterschiedenen Mägde die gleichen. Die dahinterstehende Aussage ist die Einheit in der Zweiheit. Lukas, der dritte Evangelist unterscheidet zudem zwischen (1) „einer Magd“ und (2) „einem anderen“. Alle drei Berichte sprechen bei der dritten Verleugnung von den „Umstehenden“ (Mt 26:69-73; Mk 14:66-70; Lk 22:55-60). Der Hauptgegenstand der Erzählung ist die Dreizahl und ihre verbindende Dynamik.
Welche Bedeutung das Krähen des Hahnes am frühen Morgen zur Dreizahl hat, das erschließt sich über die damalige Einteilung der Nacht in vier Nachtwachen. Die Vierheit der Nacht besteht aus der Nachtwache des Abends, der der Mitternacht, der des Hahnenschreies und der Nachtwache des frühen Morgens. Der Hahnenschrei ist die dritte und zugleich die Grenze zum neuen Tag. Bevor sich mit dem frühen Morgen das Vierte sichtbar manifestiert, wurde es schon von den drei anderen, vorangegangenen geprägt. Was der Vier vorangeht, ist nicht nur die abstrakte Einheit, sondern auch die Zwei und die Drei, die mit ihrem Erkennen und Leben die kommende Vierheit färben. Im Augenblick des Hahnenschreis schlägt sich das nieder, was zuvor erkannt und gelebt wurde. Mit anderen Worten: Es geht um das rechte Verstehen der Zwei und um die durch sie immer ausgelöste Dynamik (3). Auch wenn die Betroffenen das Wesen der Zwei nicht begreifen oder es in der sie betreffenden Situation nicht recht einordnen und verstehen können, so löst die Existenz der Zwei doch immer die Drei, also eine Dynamik aus. Die Betroffenen erfahren sie dann als einen Ärger, als Ablehnung und als Trennung, die sie als Schmerz erleben.
Nachfolgend sind die betreffenden Bibeltexte noch einmal zeitlich-tabellarisch aufgeführt:
Mt 26,34: Wahrlich, ich sage dir, dass du in dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, mich 3mal verleugnen wirst.
Mt 26:69-73: Petrus verleugnet Jesus ((1)) vor einer Magd, ((2)) vor einer anderen (Magd) und ((3)) vor Umstehenden. „… und weinte bitterlich“.
Mk 14,30: Und Jesus spricht zu ihm: Wahrlich, ich sage dir, daß du heute, in dieser Nacht, ehe der Hahn 2mal (!) kräht, mich 3mal verleugnen wirst.
Mk 14,66-70: Petrus verleugnet Jesus ((1)) vor einer Magd, ((2)) vor der gleichen (Magd), ((3)) vor Umstehenden „… begann zu weinen.“ (man beachte die Hervorhebung der Zwei)
Lk 22,34: Ich sage dir, Petrus, der Hahn wird heute nicht krähen, ehe du 3mal geleugnet hast, daß du mich kennst.
Petrus verleugnet hier Jesus ((1)) vor einer Magd, ((2)) vor einem anderen, ((3)) vor Umstehenden (Lk 22:55-60)
„… weinte bitterlich.“
Fußnoten
¹ s.a. Lk 7,23: Und glückselig ist, wer sich nicht an mir (Jesus) ärgert.
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