Was diese Zahl erzählt:

Was diese Zahl erzählt:

Die Erzählungen von Dodekaeder und Ikosaeder und die ägyptischen Pyramiden

von Michael Stelzner

Inhaltsverzeichnis

1. Das Körperhafte (4) und sein Erschauen in Gestalt von 5 platonischen Körpern

Das Körperhafte ist aus der Sicht der Archetypen die Zahl 4 – das greifbare Erscheinen der Einheit, Ganzheit und Vollkommenheit. Die Körper, die das erkennbar machen, sind die allseitig symmetrischen Körper. Die Schau auf sie beginnt deshalb bei der Kugel, denn kein anderer Körper repräsentiert das Wesen der Einheit so, wie sie. Rechnet man die zueinander dualen Körper einer Art zu, so existieren 4 Modi von allseitig symmetrischen Körpern. Die vertraute Fünfzahl der platonischen Körper folgt aus der Sicht der Archetypen demnach der Zahl 4. Ihr Wesen durchdringt alles konkrete Dasein und das erzählt in allem So-Seienden von der Herrschaft der Einheit.

Die 4 Arten von Körpern zeigen das immer wiederkehrende und schon in der Flussform der Zahlen sichtbare Muster 1 plus 3, bei dem das jeweils vierte in der Folge von der Manifestation eines ganz Neuen erzählt.¹

In diesem Kontext nehmen das Dodekaeder und das Ikosaeder eine Sonderstellung ein. Sie sind einerseits die höchsten Repräsentanten des Prinzips eines Manifestierten (4), das die Ganzheit (1) anschaulich macht. Andererseits scheint in ihnen die Qualität der Fünf auf, die vom Bewusstsein erzählt. Dodekaeder und Ikosaeder werden so zum Ausgangspunkt, das Potential des Bewusstseins des Menschen auf geometrische Weise zu vermitteln. Wir finden deshalb ihre Maße und ihre maßgebenden Botschaften in den ägyptischen Pyramiden wieder.

Abb. 1  Das Körperhafte (4), seine 4 Modi und die 5 platonischen Körper weisen das Muster 1 plus 3 auf

2. Das Körperhafte (4) – Bruch (2) und Einheit (1)

Betrachtet man die fünf platonischen Körper als ein Ganzes, so fällt Zweierlei auf. Zum einen erblicken wir sie in der Gestalt der Dualität, also einem Bruch. Zum anderen bilden sie in ihrer körperhaften, allseitigen Symmetrie eine sonderbare und beindruckende Einheit. Der Bruch der aus einer höheren Perspektive keiner mehr ist, ist das Wesensmerkmal eines Duals. In ihm erblicken wir den optimalen Zusammenfluss von Bruch und Einheit. In den platonischen Körpern begegnen wir ihm in seiner fraktalen Form, denn er bestimmt nicht nur das Verhältnis der offensichtlich zueinander dualen Körper. Auch zwischen den ersten drei Körpern, dem Tetraeder, Oktaeder, und Würfel einerseits und dem Dodekaeder und dem Ikosaeder andererseits entdecken wir einen Bruch in der Art ihres Aufbaus. Die erste drei erfüllen unser Vertrauen, denn sie lassen uns die Dinge rational verstehen. Das Dodekaeder und das Ikosaeder hingegen verhalten sich zu ihnen irrational und haben darüber hinaus auch noch zueinander ein irrationales Verhältnis. Sie konfrontieren uns mit der ungeliebten Irrationalität des Daseins. Obwohl sie zueinander irrational sind, bilden sie doch ein Dual. Der Bruch, der sich aus anderer und höherer Sicht kein wirklicher mehr ist, verändert unsere Sicht auch auf den asymmetrischen Bruch zwischen den rationalen und irrationalen Erscheinungen der Körper. Dennoch erscheint uns die Trennung gewichtig und fordert unsere Fähigkeit zur Schau heraus.

Um die Einheit zwischen den Extremen erschauen zu können, wie sie die Natur uns beispielsweise im goldenen Schnitt vor Augen führt, müssen wir den Sinn des Trennens und den Sinn von Grenzen ergründen. Welche Ordnung dem zugrunde liegt, das erzählen die platonischen Körper.

3. EUKLID und die Logik des Linearen

EUKLID (3. Jahrhundert v. Chr.) hat in seinem Buch «Die Elemente» bewiesen, dass die Seitenlängen von Tetraeder, Oktaeder und Würfel in einem rationalen Verhältnis stehen. Das zeigt er schlüssig, da sie einen rationalen Bezug zu den Radien der sie jeweils umgebenden Kugeln haben.² Beim Dodekaeder und Ikosaeder, den zwei größten der 5 Körper, ist das anders. Ihre Seitenlängen haben keinen rationalen Bezug zu den Radien der sie umgebenden Kugeln und so auch keinen zu den Seitenlängen der drei ihnen vorangehenden Körper. Dennoch verkörpern auch Dodekaeder und Ikosaeder, wie alles Körperhafte, grundsätzlich das Wesen der 6, das vom Zusammenfluss von Gegensätzen erzählt. Ihre Verkörperung wird nun aber vom Wesen der 5 getragen und das beinhaltet sowohl das Rationale als auch das Irrationale. Aus der streng rationalen Perspektive des Euklid sind beide Körper Erscheinungen des Irrationalen, die auch noch untereinander ein irrationales Verhältnis aufweisen.³ Letzteres ist allerdings ein Ausdruck der «stetigen Teilung» des goldenen Schnitts und der ist mehr als nur irrational im einfachen Sinn. In ihm verbirgt sich eine höherdimensionale Rationalität. Ihr Ausgangspunkt ist kein Maß, sondern ein Verhältnis.

Die euklidische Geometrie und ihre Gesetze gehen zurecht vom Vorhandensein eines Urmaßes, einer messbaren «Einheit» aus. Welche andere Einheit könnte das sein, als der Kreisradius, eben das Maß, das direkt und sichtbar die Verbindung zum Ursprung ins Bild setzt? Nach dieser linearen Logik bezieht Euklid auch Dodekaeder und Ikosaeder auf den Radius der sie umgebenden Kugel. Hier aber stößt die «Logik der Linearität» an ihre Grenzen. Die beiden Körper erzählen mehr. Sie erzählen von zwei offensichtlich möglichen Sichtweisen auf die Einheit und Ganzheit. Am Ende geht es sogar um eine dritte, die sich notwendig aus ihnen ergibt und den Betrachter konsequent zum Dimensionswechsel auffordert.

4. Die widerspruchsvolle und doch duale (2) Perspektive des schauenden Subjekts (5)

Dodekaeder und Ikosaeder sind nicht nur dual zueinander. Sie verkörpern aus zwei unterschiedlichen Perspektiven das Wesen der Fünf, das bekanntlich vom Wesen der Schau und des aus ihr hervorgehenden Bewusstseins (5) erzählt.

Versuchen wir über die von EUKLID beschriebene Irrationalität des Dodekaeders hinaus zu schauen und dessen Struktur als Teil eines logischen Ganzen zu erfassen, so gelingt uns das, wenn wir das Entstehen von Oktaeder und Würfel reflektieren, die beide aus einem Akt des Verschmelzens (6) von Tetraedern entstehen. Auch das Dodekaeder entsteht so. Wie die Abb. 2/ oben links zeigt, entsteht es aus der absolut mittigen Verschmelzung (6) von diesmal 5 Tetraedern. In dieser Folge ist das Dodekaeder der vierte der platonischen Körper, der so entsteht, und er zeigt uns darin eine Sukzessivität auf. Die Art der Verschmelzung ist im Oktaeder eine nur bedingt zentrale. Ihr maßgebendes Verhältnis ist lediglich von linearer Art, das die maßgebende Höhe des Tetraeders halbiert (1:1). Im Würfel hingegen verschmelzen ebenfalls zwei Tetraeder, nur diesmal vollkommen zentral über ihre Mittelpunkte. Die werden gefunden, indem die maßgebende Höhe des Tetraeders im Verhältnis 1:4 geteilt wird. Im Dodekaeder fallen nun die zwei Qualitäten zusammen. Der Vierte manifestiert (4) nicht nur die rationale Sicht auf das Körperhafte, sondern öffnet zugleich ein Fenster zu seinem Gegenüber, einem Höheren, dem Ikosaeder. Was wir hier sehen, ist der dreidimensionale Modus des «Gesetzes der Vier», das den von der Zweiheit hervorgerufenen Gegensatz nicht vernichtet, sondern vielmehr seine fruchtbringende und Ordnung stiftende Eigenschaft im Entstehen eines neuen Ganzen (4) erkennt.

Mit den im Innern des Dodekaeders erkennbaren fünf Tetraedern schließt der vierte Körper die rational nachvollziehbare Raumentfaltung vorläufig ab. Indem das Dodekaeder auf sein duales Gegenüber verweist, zeigt es die Grenze (2) des Rationalen auf. Das Verhältnis der zwei größten Körper führt die Polarität (2) allen Daseins vor Augen und darin auch die des Bewusstseins (5). Das Dodekaeder kristallisiert die schon in der Dualität enthaltene Erzählung vom Übergang (6) der Dimensionen. Es macht die Dualität in den Formen von Rationalität und Irrationalität sichtbar.

Schon die Zahlen des Dodekaeders erzählen vom Potential des Übergangs von Dimensionen. Die 5 ist die Anzahl seiner Tetraeder (4) und die 6 ist die Zahl ihres Verschmelzens. Das Dodekaeder verkörpert den Transformationsprozess, der uns aus dem Gleichnis vom pythagoreischen Dreiecks 3-4-5—6 bekannt ist. Nur geht es hier um die Raumdimension. Ging es beim pythagoreischen Dreieck noch um den Übergang von «Linien» und Strecken in Form der Seitenlängen 3 (Geist) und 4 (Substanz) zur Fläche 6, so geht es nun um das Entstehen einer neuen Dimension der Schau. Doch wieder tritt die neue Dimension «mittels» verbindenden und verbindlichem Wirken (6) der 5 in Erscheinung.

Das pythagoreische Dreieck gehört zur rationalen Kategorie der vertrauten Welt. Auch die Grundkörper des Dodekaeders, die allseitig symmetrischen Tetraeder sind von rationaler Art. Über sie kann man den Körper rational verständlich erfassen. Das ändert sich bei dem zu ihm dualen Ikosaeder. Auch seine Oberfläche erscheint über die Zahlen 12 und 20 und auch seine Oberflächenstruktur ist eine symmetrische. Was beim Dodekaeder die Dreiecke sind, das sind beim Ikosaeder die Fünfecke. Doch der Blick in die Tiefe des Ikosaeders lässt, anders als man zunächst vermuten würde, die Tetraeder nicht finden. Stattdessen findet man Vierflächner mit irrationalen Seitenverhältnissen.

Bevor wir uns der von ihnen ausgehenden, ganzheitlichen Erzählung und der Individualität des Körpers zuwenden, werfen wir noch einen Blick auf die Zahlen des Dodekaeders im Kontext der Religionsphilosophie.

5. Substanz (4) vs. Bewusstsein (5) alias Tetraeder (4) vs. seine Anzahl 5 im Dodekaeder

Die Zahl 4 ist das Zahlsymbol für die Substanz und sie ist folgerichtig der Kern alles Körperhaften. Demgemäß ist sie auch der Ausgangspunkt für die sukzessive Entfaltung der platonischen Körper, die uns die archetypischen Muster der Körperentfaltung vor Augen führen. Die Vier macht die Einheit, Ganzheit und Vollkommenheit sichtbar. Das macht sie auch in den platonischen Körpern und sie macht es sukzessiv bei deren Entfaltung.

Alle Grade der Körperentfaltung veranschaulichen eine Polarität, die über die Vier eine jeweils höhere Gestalt als die Ausgangsgestalt hervorbringt. Beim Tetraeder, Oktaeder und Würfel kann man das – wie früher schon dargelegt – relativ leicht nachvollziehen. Im Dodekaeder wird es schwieriger, ist aber vom besonderen Interesse, denn in ihm erreicht das rationale Verstehen einen Höhepunkt und zeigt zugleich seine Grenze auf. Obwohl – wie uns EUKLID gezeigt hat – die Maße seiner Oberfläche im Verhältnis zum Radius der ihn umgebenden Kugel die vertraute Rationalität übersteigen, so erkennen wir doch seine im Tetraeder wurzelnde Struktur. Der Körper vermittelt eine Spannung alias einen «Zwist», zwischen Verständlichem und Unverständlichen. Doch der Zwist wirkt nicht bedrohlich, im Gegenteil. Wir empfinden die Spannung beim Anblick des ästhetischen Körpers vielmehr harmonisch. Um das Phänomen vor dem Hintergrund der Archetypen 4 und 5 zu verstehen, wollen wir hier die Entfaltung der Tetraeder, die endlich das Dodekaeder aufspannen, genauer betrachten:

Hat man ein Dodekaeder vor sich und will zur Veranschaulichung der ihn in seinem Innern aufspannen Tetraeder, eine erste Tetraederkante, d.h. eine erste Strecke (1-2) in geeigneter Entfernung festlegen, so bieten sich gleich sechs Ecken an. Da aber immer drei zusammengehören (2 x 3), die das Dreieck bilden, das zusammen mit dem Ausgangspunkt zum Tetraeder wird, ergeben sich zwei Möglichkeiten, das erste der insgesamt 5 Tetraeder zu bilden. Haben wir die Wahl einmal getroffen und das erste festgeschrieben, dann ergeben sich die weiteren vier systematisch, da alle 20 Ecken des Dodekaeders mit Tetraeder-Ecken abzudecken sind.

Wohlgemerkt, es gibt zwei Möglichkeiten, den Verbund mit 5 Tetraedern zu konstruieren. Theoretisch handelt es sich dabei um 10 verschiedene Tetraeder, die in Wirklichkeit nur aus zwei Fünfergruppen bestehen, die miteinander verschränkt sind.

Die theoretischen 10 Tetraeder machen das «Gesetz der Vier» in der Dimension des Raumes sichtbar. Das Wunder der Vier besteht bekanntermaßen darin, dass in ihr die Zwei fruchtbar wird, d.h. die Einheit (1) manifestiert und zur Erscheinung bringt. Die 2, das Polare, «Halbe» und Fehlerbehafte» erfüllt das Ganze (1). Analoges geschieht über die Zahl 10 im Raum. Schon die Hälfte (1:2) der 10 Tetraeder, also 5, erreichen alle Ecken des Dodekaeders und spannen den Körper vollends (1) auf! Die anderen fünf möglichen Tetraeder tun es gleich, haben aber zu den ersten fünf eine gegenläufige (2) Richtung. Die Fachliteratur spricht deshalb auch von einer links- und einer rechtshändigen Variante.⁴ Welche Variante für unsere Schau die «maßgebende» ist und den Körper für unser Auge aufspannt, das hängt von der Entscheidung ab, welche Strecke (Kante) wir als erste erscheinen lassen. Die erste Festlegung ist von höchster Bedeutung. Sie manifestiert unsere Realität.

Das Phänomen wendet den Blick auf die Zwei, die aus profaner Sicht nur «scheidet» und unterscheidet (2). Hier nun zeigt sie nicht nur die der Eins abgewendete, sondern auch die ihr zugewendete Seite. Die Zwei hat zwei Gesichter, wie Janus, die Gottheit des Anfangs. Janus verlangt, die Zwei als Gottheit, als Archetyp zu betrachten. Was wir nur als Mythos kennen, das findet eine Parallele in der Physik beim sogenannten Doppelspaltversuch. Auch das Licht ist ein Erstes. Es ist die erste physikalisch greifbare Entität, und die ist wie Janus ein Dual.

6. Die biblische Gottheit JHWH und das Dodekaeder

Bevor wir auf die vom Dodekaeder angesprochenen, religionsphilosophischen Aspekte eingehen werden, erinnern wir uns an die wichtigsten, in ihm wirkenden Archetypen: Die erste aller denkbaren Beziehungen ist die zwischen der 2 und der 1, alias dem Abstand-Schaffenden (2) und der Einheit (1). Die Art der Schau auf ihre Hierarchie entscheidet, welche Entwicklung ins Auge fällt und was für eine Welt man in den Phänomenen erblickt.

Die Zweizahl zeigt ihr wahres, fruchtbringendes und Ordnung stiftendes Gesicht im Archetyp der Vier. Der erscheint körperhaft im Tetraeder, dem ersten der platonischen Körper. Das Tetraeder bildet seinerseits den Grundkörper für das Oktaeder, den Würfel und das Dodekaeder. Sie entstehen über die verschiedenen Arten ihres Verschmelzens (6). Das Tetraeder bringt, wie die Zahl Vier die Einheit, Ganzheit und Vollkommenheit zum Erscheinen (4). Was sie auf der Ebene der Archetypen veranschaulicht, das bekommt im Tetraeder körperliche Gestalt. Im Dodekaeder erfasst das Wesen der Vierheit nicht allein das Dinghafte, sondern nun ebenso die Dimension des Bewusstseins (5). In der neuen Dimension wird das Verhältnis 1:2 zum Verhältnis 5:10. Die archetypische Vollkommenheit der Vier, die aus der Verschmelzung von dem Einen (1) mit dem Anderen (2) entsteht (siehe Formel 1+2à4), erscheint nun über die Zehnzahl. Von diesem Wechsel der Dimensionen und dem einander Entsprechen von 4 und 10 erzählt die sogenannte Tetraktys (1+2+3+4 = 10). Sie erzählt von einer «höherdimensionalen Rationalität (4)». Das macht sie zum Gegenstand von Philosophie und Religion.

Das Dodekaeder gibt dem Wissenschaftler einen körperhaften Einblick in den religionsphilosophischen Zusammenhang der Archetypen und den mit ihnen jeweils einhergehenden Wechsel der Dimensionen. Der erste augenscheinliche Wechsel ist der von der einst aus der Einheit hervorgegangenen Polarität (2) zur Substanz (4). Aus der erhebt sich wiederum die Dimension des Bewusstseins (5). So ist das Bewusstsein seiner Anlage nach ein polares. Durch seine Fähigkeit, schauen (5) zu können, kann es seine dualen Teile (5 + 5) erkennen und sie zu einer neuen und größeren Einheit verschmelzen (6). In dem Akt folgen die zur Schau fähigen Subjekte (5) dem Wesen der 6, das die Gangart der Evolution anzeigt. Das Resultat der Verschmelzung der Subjekte ist die 10. Reflektieren die Subjekte ihre Herkunft, so gelangen sie zum Archetyp der Eins, der Einheit, Ganzheit und Vollkommenheit. Die 10 ist die an Dimension gewonnene Eins – die «offenbarte Gottheit». Sie, die Eins hat in der 10 Substanz (4) erhalten. Sie hat Gestalt bekommen. Das Wissen, dass die an sich schon vollkommene Substanz (4) über den Prozess des Erhebens und der Bewusstwerdung in die 10 mündet, artikuliert die antike griechische Philosophie und die Mathematik im Begriff der «Tetraktys», der nicht weniger als die harmonische Ordnung der Dinge beschreibt. Die jüdische Tradition greift in der hebräischen Bibel, dem sogenannten TaNaK auf die gleiche Ordnung zurück und sie macht es über den heiligen Namen Gottes «JHWH» (יהוה). Nicht zufällig besteht der aus vier hebräischen Buchstaben und der ihnen zukommenden Folge der Zahlen 10-5-6-5. Traditionell darf der Name nicht, oder nur einmal im Jahr und dann auch nur vom Hohepriester ausgesprochen werden. Das sprachliche Synonym für den geheimnisvollen Gottesnamen ist das sogenannte «Tetragrammaton». Im Gebet oder in religiösen Texten verwendet man aber zumeist einfach den Ersatznamen «Adonai», was einfach «Herr» bedeutet.

Das Tetragrammaton verbindet den Menschen (5) in seinem Dasein mit der Gottheit (10). Wie in der 4 die 1 und die 2 unauflösbar verbunden sind, so sind auch das kleine, duale Subjekt (5) mit dem größeren Subjekt (10) unauflösbar verbunden.⁵ Die Gottheit JHWH bestimmt das Handeln der Individuen im Rationalen und Konkreten (siehe «10 Gebote») wie im Dodekaeder das «Überrationale» mit den rational begreifbaren Tetraedern zusammenfließt.

7. Das Ikosaeder, das Irrationale

Dodekaeder und Ikosaeder konfrontieren mit dem Irrationalen und es sind nicht zufällig die zwei letzten und höchsten der platonischen Körper, die zugleich von der Schau und dem Bewusstsein (5) erzählen. Während das Dodekaeder über das Gleichnis des pythagoreischen Dreiecks und seine Zahlen sowie über die es konfigurierenden Tetraeder noch einen rationalen Zugang bietet, ändert sich das beim Ikosaeder. Seine Oberfläche wird ebenso wie die des zu ihm dualen Dodekaeders von den Zahlen 12 und 20 bestimmt. Auch lässt die Oberfläche des Ikosaeders eine vollkommen symmetrische Struktur erkennen. Der Kern des Ikosaeders besteht nun aber nicht mehr aus Tetraedern, sondern aus Vierflächner mit irrationalen Seitenverhältnissen.

Aus diesem Kontext heraus erzählt das Ikosaeder mehr als das Dodekaeder. Die Erzählung des Ikosaeders geht einen Schritt weiter. Der Körper geht von der grundsätzlichen Existenz des irrational Gebrochenen aus und bezieht seine Erscheinungen in den Akt des Verschmelzens (6) ein. Insofern ist das Ikosaeder ein Symbol für das gereifte Bewusstsein, das den Extremen nicht ausweicht und konkret vom Verschmelzen des Jenseitigen und Göttlichen mit dem Diesseitigen und Menschlichen erzählt. Die beiden größten platonischen Körper und ihre dualen Eigenschaften sind ein geometrisches Gleichnis für ein Bewusstsein (5), das sich und seine Existenz zu reflektieren vermag.

Weil das Dodekaeder und das Ikosaeder die tiefste Frage des Menschen, die Frage nach seiner Existenz verkörpern, beziehen sich viele Religionen auf ihre Geometrie. Die Geometrie im Allgemeinen und die platonischen Körper im Besonderen waren, wie wir heute nachverfolgen können, das Grundmuster für den Bau der ägyptischen Pyramiden von Gizeh. In ihnen nehmen die ihre gleichnishaften Erzählungen monumentale Gestalt an. Aus der ägyptischen Religion ging die jüdische hervor und aus der wiederum das Christentum und schließlich auch der Islam.

Abb. 2  Dodekaeder (links), Ikosaeder (Mitte) und die große Pyramide in Gizeh (rechts)
Links: Das Dodekaeder hat 20 Ecken und 12 Flächen. Gebildet wird es aus 5 Tetraedern. Ihre Mitten verschmelzen (6) in rationaler Weise zu einer neuen, gemeinsamen Mitte.
Rechts: Das Ikosaeder hat 12 Ecken und 20 Flächen. Gebildet wird es aus 20 Vier-Flächnern. Die sind keine exakten Tetraeder. Ihre nach innen, auf das gemeinsame Zentrum gerichteten Dreieck-Seiten sind um das irrationale Verhältnis 1,051… :1 kürzer, als es die Tetraeder-Form verlangt und wie es das gleichseitige «Maß der Oberfläche» des Körpers zunächst vermuten lässt (siehe Außenradius R).

Um neben dem bereits besprochenen Dodekaeder auch die Geometrie des Ikosaeders als ein ins tiefste Detail reichendes Gleichnis zu erkennen, werfen wir weitere Blicke in seine Konstruktion. Schaut man auf seine innere Struktur so spannen 30 gleichschenklige (nicht geleichseitige!) Dreiecke die Oberfläche des Ikosaeders auf. Unter den 20 Flächen und 12 Ecken seiner Oberfläche entstehen 20 Vier-Flächner. Sie machen als individuelle Einzelkörper das Ikosaeder als Ganzes aus. Jeder der individuellen Teilkörper repräsentiert auf seine Weise die Zahl 4, hat jedoch im Gegensatz zu den 5 Tetraedern des Dodekaeders seine eigene, von den anderen abweichende Mitte! Trotz der Unterschiede verschmelzen (6) sie zu einem Ganzen. Sie verschmelzen mittels der einen, jeweils zur Mitte des Ganzen gerichteten Ecke. Es dem jeweils «einzelnen Einen» einer Vierheit entsteht eine neue und gemeinsamen Mitte! Das ist für die individuelle Existenz der lebendigen Wesen und ihres Bewusstseins eine Metapher, die wohl nicht mehr zu übertreffen ist.

Das Ikosaeder entsteht über das Abweichende (2) alias die Eigenart des Individuellen (5). Schaut man so auf das Ikosaeder, so erzählt auch der letzte und größte der platonischen Körper von dem konstituierenden Wesen der Polarität (2). Ein Blick in das Innere des Körpers macht das deutlich. Die 30 gleichschenkligen Grunddreiecke in seinem Inneren sind von polarer Natur. Sie sind paarweise angeordnet. Je zwei von ihnen liegen spiegelgleich in einer Ebene. Aus der erheben sich die Vier-Flächner als Körper. Sie erheben sich auf polare Weise in entgegengesetzte Richtungen. Die Zwei, die «über die Ebene hinausgehen» sind zueinander um 180° gedreht (s. Abb. 2).

Abb. 3  Im Inneren spannen das Ikosaeder 30 gleichschenklige Dreiecke auf.
Links: Die Dreiecke sind paarweise angelegt. Der Winkel zwei sich jeweils in einer Ebene spiegelnden, gleichschenkligen Dreiecke beträgt 63,4°. Über die zwei Dreiecke erheben sich zwei Vier-Flächner, die zueinander um 180 ° verdreht sind (s. 360/2).
Rechts: Der Winkel von 63,4° symbolisiert das rechte Verhältnis der Archetypen 1 und 2. Im «Poldreieck» wird die verborgene Einheit (Linie 1) mit Hilfe der «rechten 2» mit Dimension erfüllt (Fläche 12).

Die sich jeweils in einer Ebene spiegelnden Dreiecke im Innern des Ikosaeders sprechen eine deutliche Sprache. Sie verbildlichen die Urbotschaft von Religion und Philosophie, nämlich die notwendig rechte Sicht auf das Wesen der Zwei. Das den Vier-Flächnern zugrundeliegende Dreieck setzt das rechte Verhältnis (rechter Winkel) von Einheit (1) und Gespaltenheit (2) ins Bild (s. Abb. 2 / rechts). Das so von mir genannte Poldreieck zeigt, dass die in der Dimension der Linie dem Auge verborgene Eins und Einheit mit Hilfe der «rechten Zwei» mit Dimension (Fläche 12) erfüllt wird.

Das Poldreieck mit dem Winkel von 63,4° macht die Einheit ansichtig (5). Wir finden es als Konstruktionsmaß der großen Pyramide in Gizeh. Was im Inneren des irrational erscheinenden Ikosaeders verborgen wirkt, das haben die Ägypter vor über 4.000 Jahren in den Außenflächen der ersten der drei großen Pyramiden sichtbar gemacht (siehe Abb. 2). Sie haben das Innere des archetypisch Körperhaften nach Außen gestellt und darin körperhaft nachvollzogen, was der Archetyp der 6 erzählt. Was die vollkommene Zahl 6 in der einfachen Dimension der nackten Zahlen anschaulich macht und im Sechseck in der Gleichheit von Radius und Außenkante (r = s) Gestalt annimmt, das erreicht im Ikosaeder und der Pyramide des Cheops einen neuen Höhepunkt.

8. Das Ikosaeders und die konkrete Welt der Zahlen und Substanzen

Über das bisher Gesagtem erfahren wir auch mehr über die Zahlen 12 und 20, welche die Oberfläche von Dodekaeder und Ikosaeder formen. Sie symbolisieren die Verbindung des Konkreten und Dualen (2) mit dem Numinosen (0) alias der ungreifbaren Einheit (1). Die zwei Symbole 2 und 0 umfangen von zwei Seiten die «Zahl Eins». Das bedeutet: Sie umfassen das, was vom Menschen einerseits als Einheit oder Gottheit wahrgenommen wird und andererseits doch immer wieder auf duale Weise erscheint und wirkt (6). Was hier die Zahl 20 erzählt, das erzählt auf ähnliche Weise auch die Zahl 12, die Zahl der Ordnung. Sie stellt die Verbindung von Einheit (1) und Gespaltenheit (2) direkt und auf einfachste Weise her, nämlich über die zwei ersten Zahlen des Zahlenstrahls. Alles in Allem erhalten das Irrationale und das Duale in den Zahlen des Ikosaeders einen Platz im Dasein.

Das Ikosaeder erfasst das Abweichende und Andere in seinem Extrem. Dabei erzählt es primär von einem erweiterten Bewusstsein. Ein solches macht es das Irrationale aber auch messbar. Das verlangt, die gemessenen irrationalen Größen in den gebotenen, ganzheitlichen Kontext zu setzen. Deshalb versuchen wir hier nun die schon besprochenen Größen und Verhältnisse ein weiteres Mal, diesmal unter dem Aspekt des Konkreten in Augenschein zu nehmen und zu deuten:

Die 20 Vierflächnern lassen beim Anblick der Oberfläche des Ikosaeders und im Rückblick auf die anderen platonischen Körper glauben, sein Inneres würde ebenso aus gleichseitigen Dreiecken bestehen. Tatsächlich aber ist der zum Zentrum gerichtete Radius, also der «letzte» und «tiefergehende» Parameter, gewissermaßen das Maß zum Mittelpunkt hin, kürzer. Es «fehlt» (2) ihm etwas. Gerade der tiefste aller Parameter, der Radius weicht von den im Außen sichtbaren Maß der Seitenlängen in einem irrationalen Verhältnis von 1,0514… : 1 ab. Die zum Mittelpunkt gerichteten Dreiecke sind gleichschenklige, nicht aber gleichseitige Dreiecke. Sieht man darin die Manifestation (4) eines Bewusstseins (5), so ist dessen Botschaft: Alles, was an eine Substanz gebunden oder zu einer Substanz «zusammengebunden» (6) ist, ist notwendig relativ, und das gilt in letzter Konsequenz auch für die Parameter, die wir Einheiten oder auch «die Einheit» nennen. Die Botschaft ist brisant, denn sie trifft nicht nur die Definition von Naturkonstanten, sie trifft vor allem auch die Vorstellung von der Gottheit. Darin wirft sie den Menschen in sein Dasein und auf sich selbst zurück.

Im Grunde beschreiben die allseitig symmetrischen Körper das Wesen der Sechs, denn sie entstehen durch den Zusammenfluss (6). Obwohl das im Oktaeder, Würfel und Dodekaeder besonders augenscheinlich ist, weil sie durch den Zusammenfluss von Tetraedern entstehen, gilt das für alle. Im Ikosaeders fließen 20 Körper ineinander, welche die Zahl 4 und 5 und ihre Beziehungen (6) ins Bild setzen. Ihre Schau illustriert, dass die das Individuum (Mensch) symbolisierende Fünf, die Sechs benötigt, um sich zu erfahren. Ein Mensch ohne Begegnung (6) bleibt ohne Erfahrung und ohne Offenbarung. Dementsprechend benötigt auch der Archetyp Sechs – die sinnhafte Erfahrung – die Begegnung mit dem Jenseitigen (7), um überhaupt entstehen zu können. Kurzum: Jede Dimension benötigt die ihr folgende, jenseitige, um sich zu entfalten und zur Geltung zu kommen. Das Leben führt es uns vor Augen und es leuchtet uns ein. Bei der Polarität Diesseits – Jenseits hingegen fällt es uns schwer, daran zu glauben. Doch kann es auch hier nicht anders sein. KURT GÖDEL hat die Notwendigkeit dieses Höheren für die Existenz eines Systems sogar wissenschaftlich bewiesen und dabei die rechnende Mathematik relativiert.

Der Umgang mit dem Jenseitigen war in allen Kulturen ein wichtiges Thema. Heute nennen wir es anders und wir haben, indem wir das ganzheitliche, jenseitige Wirken mit neuen Begriffen, wie beispielsweise den virtuellen Teilchen belegen, den Eindruck, es wäre etwas anderes. Es geschieht aber immer das Gleiche. Die Erscheinungen wandeln sich, weil sie ihrem Ursprung nach Funktionen sind. Zu ihnen gehören eben auch unsere in der Wissenschaft benutzten Parameter und Einheiten. Wir machen sie hilfsweise zur Basis unserer auf Vergleichen beruhenden Welt. Doch auch sie wandeln sich. Das Subjekt wird mit der nicht greifbaren Einheit konfrontiert und hat darin die Chance, sich zum Individuum zu qualifizieren.

Wer den Schritt tut, der begreift die Pyramidensymbolik neu, deren Inhalt bisher kaum wahrgenommen wurde. Trotz ihrer Jahrtausende alten Existenz kann sie die moderne Physik befruchten. Die Symbolik der großen Pyramide illustriert im Umweg über die Erzählung des Ikosaeders das Schwinden jedes konkreten Parameters. Die konkrete Einheit alias der konkrete Parameter schwindet, nicht aber die Einheit, so wie die konkreten Bestandteile des Lichtes (elektrisches und magnetisches Feld) ständig schwinden, nicht aber das Licht. Die fehlende Spitze der großen Pyramide ist eine Metapher für den letzten «greifbaren» Parameter alias der höchsten Gottheit.

Das Pyramidion, die Spitze der Pyramide des Cheops ist nicht verlorengegangen. Sie hat vielmehr an dieser erwarteten Stelle nie existiert. Die Botschaft ist hochbedeutend und beim genauen Hinschauen für Eingeweihte in allen großen Religionen zu finden!

Fußnoten

¹ Die Formel 1+ 3 oder 3 + 1 ist eine häufig gebrauchte Formel in religiösen Schriften. Vor allem die Bibel bedient sich ihrer, wenn es darum geht, auf einen grundsätzlichen Zusammenhang hinzuweisen, der anfangs nicht offensichtlich ist. So kennt das Neue Testament beispielsweise 3 synoptische Evangelium plus das Evangelium des Johannes, das offenbar ein völlig anderes ist. Aber auch die Physik kommt in der Beschreibung von grundsätzlichen Gegebenheiten an der Formel nicht vorbei. Sie kennt beispielsweise die drei Grundkräfte, die schwache und die starke Kernkraft, die elektromagnetische Kraft plus die vierte Kraft, die Gravitation. Letztere ließ sich bisher nicht mit den anderen drei vereinigen. Auch die Frage nach den Dimensionen des Daseins führt zu der Form 1 plus 3. Zu den drei bekannten Raumdimensionen tritt als vierte Dimension die Zeitdimension hinzu. Sie ist nicht, wie die drei anderen einfach und sicher messbar, denn sie basiert auf dem Wesen der Schau (5) und des Erfahrens (6). In der Ordnung der allseitig symmetrischen Körper, einschließlich der Kugel, entspricht sie dem 5. und 6. Körper, dem Dodekaeder und dem Ikosaeder. In der Einteilung des Körperhaften gehören bilden sie den 4. Modus.

² EUKLID spricht in seinem Werk «Die Elemente» im 13. Buch über die Rationalität und Irrationalität der platonischen Körper:

  • 13 «Eine Tetraeder zu errichten und mit einer gegebenen Kugel zu umschließen; ferner zu zeigen, dass quadriert der Kugeldurchmesser 1,5mal so groß wird wie die Pyramidenkante» (D2 • 1,5 = s).
  • 14 «Ein Oktaeder zu errichten und mit einer Kugel wie die früheren Körper zu umschließen; ferner zu zeigen, dass quadriert der Kugeldurchmesser zweimal so groß wird wie die Oktaederkante» (D2 • 2 = s).
  • 15 «Einen Würfel zu errichten und mit einer Kugel wie das Tetraeder zu umschließen; ferner zu zeigen, dass quadriert der Kugeldurchmesser dreimal so groß wird wie die Würfelkante» (D2 • 3 = s).
  • 16 «Ein Ikosaeder zu errichten und mit einer Kugel wie die besprochenen Körper zu umschließen; ferner zu zeigen, dass die Ikosaederkante eine Irrationale ist, wie man sie Minor nennt» (D = 0,618 s).
  • 17 «Ein Dodekaeder zu errichten und mit einer Kugel wie die besprochenen Körper zu umschließen; ferner zu zeigen, dass die Dodekaederkante eine Irrationale ist, wie man sie Apotome nennt» (D = 1,618 s).
  • 18 « … Da wie bewiesen, quadriert der Kugeldurchmesser 1,5mal so groß wird wie die Tetraederkante, 2mal so groß wie die Oktaederkante und 3mal so groß wie die Würfelkante, werden quadriert die Tetraederkante 4mal, die Oktaederkante 3mal und die Würfelkante 2mal so groß wie die Würfelkante; und quadriert wird die Oktaederkante 1,5mal so groß wie die Würfelkante. Die Kanten der genannten drei Körper, nämlich Tetraeder, Oktaeder und Würfel stehen zueinander in rationalen Verhältnissen. Die beiden anderen, nämlich die Kanten von Ikosaeder und Dodekaeder stehen weder zueinander noch zu den oben genannten in rationalen Verhältnissen; denn sie sind irrational, die eine eine Minor, die andere eine Apotome».

³ EUKLID, 13. Buch, §18:  «… Die Kanten der genannten drei Körper, nämlich Tetraeder, Oktaeder und Würfel stehen zueinander in rationalen Verhältnissen. Die beiden anderen, nämlich die Kanten von Ikosaeder und Dodekaeder stehen weder zueinander noch zu den oben genannten in rationalen Verhältnissen; denn sie sind irrational, die eine eine Minor, die andere eine Apotome.»

⁴ EDMUND HESS: Über die regulären Polytope höherer Art. Sitzungsberichte der Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Naturwissenschaften zu Marburg, 1885, S. 31–57.

⁵ Die unauflösbare Verbundenheit der Gegensätze ist ein Grundgesetzt. Das nach jüdischer Zählweise zweite Gebot der «Zehn Gebote» ist das sogenannte Alleinstellungsgebot. Es besteht aus 4 Aussagen (Teilen). Sein erster Teil sagt «Keineswegs (weil undenkbar!) existieren für dich andere Götter, die meinem Angesicht wiedersprechen». Die hier gebrauchte, denkbar stärkste Verneinung «keineswegs» erwächst aus der Eindeutigkeit der Hierarchie von 1 und 2. Die Gebote, die das Verhältnis zwischen der Gottheit und den Menschen regeln und das über das Verhältnis der Zahlen 10 und 5 symbolisieren, greifen auf das Verhältnis von 1 und 2 zurück. 1 und widersprechen einander ebenso wenig wie 5 und 10.

⁶ Kultur so definiert n. Brisson, Luc: Einführung in die Philosophie des Mythos. Band 1: Antike, Mittelalter und Renaissance, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1996 (Sonderausgabe 2005; gedruckt von Books on Demand)

⁷ Edmund Husserl in: Sommer, Denkökonomie und Empfindungstheorie bei Mach und Husserl, Hrsg. Haller/Stadtler. Beispielsweise entstanden nach dem Autor der Ausdruck «Hokuspokus» aus dem einstigen «hoc est enim corpus meum» und das «Abrakadabra» aus dem (ägyptischen) Göttername «Abrasax».

⁸ Siehe Oscar Goldberg: «Die 5 Bücher Moses, ein Zahlengebäude», Berlin 1908, s. S. 37

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